8 22. Die völkerrechtlichen Verträge. 165
kommen, zu deren Gunsten in früheren Verträgen des Staates A die Melst-
begünstigungsklausel vereinbart worden Ist.
Sie bezieht sich am häufigsten auf den Handelsverkehr, findet
sich aber auch sonst (seit dem Pyrenäen-Frieden von 1659) in Ver-
trägen aller Art, so auch in Beziehung auf die Rechtsstellung der diplo-
matischen und konsularischen Vertreter ®).
Vgl. Art.16 des deutsch-japanischen Handelsvertrages von 1911 (im
Anhang).
Die Zusage der Meistbegünstigung wird häufig eingeschränkt durch
den Zusatz, daß die gewissen Mächten gewährten Begünstigungen. dem
andern Kontrahenten nicht zugute kommen sollen,. so daß also die
„meistbegünstigten“ Staaten in die zweite Reihe gerückt werden. So
bestimmt Art.11 des Frankfurter Friedens vom 10.Mai 1871, nachdem
in Abs.1 die Meistbegünstigung zugesagt worden, in Abs.3: „Jedoch
sind ausgenommen'.von der vorgedachten Regel die Begünstigungen,
welche einer der vertragenden Teile durch Handelsverträge anderen
Ländern gewährt hat oder gewähren wird, als den folgenden: England;
Belgien, Niederland, Schweiz, Österreich, Rußland.“
Ein weiteres Beispiel, bietet die deutsch-französische Erklärung
vom 18. November 1896 (R.G.Bl1.1897 S.7) nach welcher von dem
dem, Deutschen Reich in Tunis gewährten Meistbegünstigungsrecht die
Vorteile ausgenommen sind, die das oberherrliche Frankreich genießt.
Vgl. weiter den deutschen Freundschafts- usw. Vertrag mit Nicaragua
vom 4. Februar 1896 (oben S.107) Art.32: „Es ist verabredet worden,
daß die besonderen Vorteile, welche der Freistaat Nicaragua den übri-
gen vier mittelamerikanischen Freistaaten oder einem derselben ein-
geräumt hat oder künftig einräumen wird, deutscherseits auf Grund
des in diesem Vertrage zugestandenen Meistbegünstigungsrechts nicht
beansprucht werden können, solange jene Vorteile auch allen anderen
dritten Staaten vorenthalten werden.“
Diese Einschränkung der Meistbegünstigung dürfte in der Zukunft
infolge des Zusammenschlusses einzelner Staaten zu Staatengruppen
erhöhte Bedeutung erlangen.
IV. Die Weiterbildung der Verträge kann nur durch eine neue Vereinbarung
der. vertragsehließenden Staaten erfolgen.
6) Daher weigerte sich die Türkei 1898, Serbien die Meistbegünstigungs-
klausel zuzugesteheh, durch welche Serbien das Recht der konsularischen Gerichts-
barkeit in der Türkei erlangt hätte. — Über die Meistbegünstigungsklausel vgl.
Glier, Die Meistbegünstigungsklausel usw. 19056. Borchardt, Entwicklungs-
geschichte der Meistbegünstigungsklausel im Handelsvertragssystem. Heidelberger
Diss. 1906. Visser, R. J. XXXTV 66,159. Cavaretta, La olausola della nazione
piu favorita. 1906. Hornbeck, The most favored-nation olause in commercial
treatiee. 1910. Lehr, R.J. XLII657. Lippert (unten $31 Notel) 8.131.
v. Teubern (Handelsverträge) in Beiheft 1 zu K.Z. VII.