$ 24. Rechtanachfolge in völkerrechtliche Rechtsverhältnissee. : 175
Kolonie wird freilich bei einem Seekrieg auf die größten praktischen
Schwierigkeiten stoßen.
IV. Rechtsnachfolge In völkerrechtliche Rechtsverhältnisse findet nur soweit
statt, als diese mit absoluter Wirkung auf dem Staatsgebiete lokalisiert sind.?)
Ist etwa dem Staate, der ganz oder mit einem Teile seines Ge-
bietes in einem andern Staate aufgeht, dritten Staaten gegenüber die
Verpflichtung auferlegt, die öffentlichen Straßen, international wich-
tiga Eisenbahntunnels oder das: Fahrwasser seiner eigenen Gewässer
ın gutem Zustande zu erhalten, die das Gebiet durchströmenden Flüsse
einzudämmen usw., so gehen diese Verpflichtungen auf den Erwerber
über. Dasselbe würde gelten in bezug auf die das abgetretene Gebiet
durchschneidenden Eisenbahnen. Von solchen und ähnlichen Fällen
war bereits oben $81III3 bei Besprechung der sogenannten Staats-
dienstbarkeiten die Rede. Mit der Erwerbung des Kongostaates durch
Belgier. sind die durch die Akte von 1885 dem Kongostaate auf-
erlegten völkerrechtlichen Verpflichtungen (mit den Einschränkungen
von 1890) auf die belgische Staatsgewalt übergegangen; diese hat dafür
Sorge zu tragen, daß auf dem übernommenen Gebiete die Grundsätze.
der Handelsfreiheit usw. zur Durchführung gelangen. In diesem Falle
haben wir also eine wirkliche „Gesamtnachfolge“. Diese Möglichkeit ist
auch in den von der internationalen Gesellschaft des Kongo 1884 ge-
schlossenen Verträgen vorgesehen worden.
V. Eine Rechtsuachlolge muß dagegen bei Erwerb durch Zession ange-
nommen werden, soweit es sich um privatrechtliche RBechtsverhältnisse (Eisen-
bahnkonzessionen, fiskalische Verträge usw.) handelt. Dies gilt auch von den
Stasatsschuiden. Die Frage führt aber gerade in ihrem wichtigsten Anwendungs-
geblete über das Völkerrecht hinaus.*)
Allgemein anerkannte Rechtssätze lassen sich bezüglich der Staats-
schulden allerdings nicht aufstellen. Meist werden in den Friedens-
oder sonstigen Zessionsverträgen besondere und ausdrückliche Verein-
barungen getroffen. Nach der herrschenden Meinung findet eine Rechts-
nachfolge statt in die sogenannten hypothezierten oder „relativen“
Schulden (dettes hypothequees), d. h. diejenigen Schulden, die im
ausschließlichen Interesse des abgetretenen Gebietes (etwa für Ent-
wässerungsarbeiten) aufgenommen worden sind, sowie in die Grund-
3) Auch in diesem Falle wird die Rechtsnachfolge geleugnet von Gareis 67
and A. Zorn 32, 77,153. Im wesentlichen mit dem Text Schönborn 44 (Verträge
„mit territorialer Beziehung‘, wenn durch Kollektivakt der Mächte begründet).
Cavaglieri verwirft für durch Völkerrecht den Begriff der Rechtsnachfolge voll-
ständig.
4) Vgl. Rivier 97; im wesentlichen übereinstimmend such Gidel und Nys;
ganz besonders aber Huber und Sohoenborn. Nach F.F. Schmidt geht die
eigentliche Schuld über, nicht aber die sie sichernde öffentlich-rechtliche Haftung.