Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

8 26. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres. 185 
Anders ist es im Krieg. Da leidet die Hochseeschiffahrt des 
Kriegführenden unter dem Seebeuterecht (unten $ 41 VI), die der Neu- 
tralen unter dem Blockaderecht (unten $ 41 III4) und dem Recht, 
Bannware wegzunehmen (unten 8 42 V). Die Meeresfreiheit wird also 
wesentlich beschränkt durch die Aktion der Kriegführenden. Davon 
wird unten im IV. Buch die Rede sein. Wenn heute von der Meeres- 
freiheit als Forderung gesprochen wird, so bezieht sich diese auf den 
Krieg und auf die Beseitigung oder Beschränkung der drei eben er- 
erwähnten Rechte der Kriegführenden. 
IL Die Durchführung dieses Grundsatzes führt zu einer Reihe von Folge 
sätzen. 
1. Binnenmeere im weiteren Sinne des Wortes sind nicht mehr „ge- 
sehlossene Meere‘‘ (mare clausum) (oben $ 9 II 2), wenn sie vom Staatsgebiet 
mehrerer Uferstaaten umschlosen werden, mag auch die Verbindung zwischen 
ihnen und der offenen Seo durch einen einzigen Staat vom Ufer her beherrscht 
werden können. Auch für sie gilt unter dieser Voraussetzung der Grundsatz der 
Meeresfreihelit. 
"Geschlossene Binnenseen sind demnach das Asowsche Meer, der 
Rigasche Meerbusen, der Zuidersee. Teile des offenen Meeres sind da- 
gegen die Ostsee (die im Krimkrieg wie im deutsch-französischen Krieg 
Kriegsschauplatz war)®); das Schwarze Meer, das Beringmeer (Schieds- 
richterspruch vom 15. August 1893 gegen die Ansprüche der Vereinig- 
ten Staaten) usw. 
£&. Jedoch kann durch Vereinbarung der Mächte die Schließung von - 
solchen, an der Freiheit der offenen See tellnehmenden Meerestellen für Kriegs- 
schilfe angeordnet werden (unrichtig als Neutralisierung bezeichnet). 
Vgl. über die montenegrinischen und die ionischen Gewässer 
unten 84012. Insbesondere aber hatte der Art. 11 des Pariser Friedens 
von 1856 die Gewässer undHäfen des Schwarzen Meeres (mitEin- 
schluß also der Küstengewässer) den Kriegsschiffen nicht nur der Ufer- 
staaten, sondern auch aller anderen Mächte im Frieden ‚auf ewig“ 
verschlossen. Nachdem sich aber das durch diese Vereinbarung in 
seinen Lebensinteressen schwer betroffene Rußland am 31. Oktober 
1870 einseitig von dieser Verpflichtung losgesagt hatte, wurde Art. 11 
durch den Londoner Vertrag vom 13. März 1871, geschlossen von den 
Unterzeichnern des Pariser Friedens von 1856 (R.G.Bl.1871 S.104; 
Strupp I 283), ausdrücklich aufgehoben. 
8. Die Meerengen, welche Teile der offenen See miteinander verbinden, 
stehen, auch wenn sie vom Ufer aus durch einen oder durch mehrere Staaten 
beherrscht werden können, der Durchfahrt der Kriegs- wie Handelsschilfe der 
3) Über die Hudsonbai, deren Zugang mehr als sechs Seemeilen Breite hat, 
vgl. Balch, J. R. XLIII 539,
	        
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