8 27. Die Fluß- und Kanalschiffahrt. 193
Verbindung stehen. Auf den Internationalen Strömen soll die Schiffahrt den
Sehiffen aller Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft freistehen.
Dieser Grundsatz wurde zuerst für die deutschen Flüsse 1648
durch den Westfälischen Frieden, später durch das Dekret des republi-
kanischen Conseil ex&cutif provisoire vom 16. November 1792, und
zwar zunächst für Schelde und Maas, dann aber allgemein mit den
Worten ausgesprochen: „daß kein Staat ohne Ungerechtigkeit das
Recht für sich in Anspruch nehmen kann, den Lauf eines Flusses zu
benützen und die benachbarten Völker, die an dem Oberlauf gelegen
sind, in dem Genuß dieser selben Vorteile zu hindern‘ (also Beschrän-
kung auf die Uferstaaten). Seither wurde die Frage auf verschiedenen
Kongressen und in verschiedenen Friedensschlüssen (so Lun&ville 1801,
Reichsdeputationshauptschluß 1803) erörtert, bis der fünfte Artikel
des Pariser Friedens vom 30.Mai 1814 die Bestimmung traf: „Die
Schiffahrt auf dem Rheine, von dem Punkte an, wo er schiffbar wird,
bis zur See (jusqu’a la. mer), und umgekehrt, soll frei sein, in der
Maße, daß sie niemanden untersagt werden kann, und man wird sich
bei dem künftigen Kongresse mit den Grundsätzen beschäftigen, nach
welchen die von den Ufer-Staaten zu erhebenden Gefälle auf die gleich-
mäßigste und dem Handel aller Nationen am meisten günstige: Weise
reguliert werden können. — Gleichergestalt soll bei dem künftigen
Kongresse untersucht und entschieden werden, in welcher Art die
obige Bestimmung, um das Verkehr zwischen den Völkern zu erleich-
tern und sich, eines dem andern, immer weniger fremd zu machen,
auch auf alle andern in ihrem Laufe schiffbaren und verschiedene
Staaten trennenden oder durchfließenden Ströme ausgedehnt werden
könne.“ Der Wiener Kongreß hat dann in den Artikeln 108 bis 116 der
Schlußakte vom 9. Juni 1815 diese Grundsätze im einzelnen, aber unter
Vorbehalt besonderer Vereinbarungen für die einzelnen Ströme, durch-
geführt. Beilage 16 der Akte enthält die Reglements für die Rhein-
schiffahrt sowie für die Schiffahrt auf Neckar, Main, Mosel, Maas und
Schelde.
Solche besondere Vereinbarungen sind zunächst, und zwar trotz
des Widerstrebens der Niederlande?), für den Rhein und seine Neben-
flüsse getroffen worden. Die Rheinschiffahrtsakte vom 31.März 1831
Bedenken gegen die Einführung von Flußabgaben.) Carath&odory, H.H.II279.
Sohmitt, Das Recht der Schiffahrt auf internat. Flüssen. Würzburger Diss. 1909
Sartorius, H. St. III 18. de Louter I 430. M6rignhao II 6056. NysII 129.
Oppenheim 1 239. 248. Ullmann 333,
2) Sie stützten sich auf den Wortlaut des oben angeführten Pariser Friedens:
„jusqu’& la mer‘ (nicht: „jusque dans la mer“). — Über Elbe- und Rheinschiff-
fahrt vgl. Jellinek, H.St. III 926, VII 120. Die revidierte Rheinschiffahrtsakte
von 1868 ist abgedruckt bei Fleischmann 81 und Strupp I 308.. Eokert,
Die Rheinschiffahrt im 19. Jahrhundert. 1900. Gothein, Geschichtliche Ent-
v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 13