Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

200 III. Buch. Die Interessengemeinschaft des völkerrechtli. Staatenverbands. 
2. Ganz anders verlief die völkerrechtliche Geschichte des 
Panamakanals1#). Am 19. April 1850 wurde zwischen England und den 
Vereinigten Staaten der nach den verhandelnden Staatsmännern so 
genannte Clayton-Bulwer-Vertrag geschlossen (Strupp I 288), in dem 
die Vertragschließenden sich verpflichteten, gemeinsam die Sicherheit 
und „Neutralität des Kanals (es war zunächst die Nicaragua-Linie in 
Aussicht genommen) zu verbürgen. Seit den achtziger Jahren aber 
änderten die Vereinigten Staaten ihre Haltung, indem sie, gestützt 
auf ihre Auslegung der Monroedoktrin (oben $ 7 II 2), für sich das 
ausschließliche Recht der Überwachung des Kanals in Anspruch nah- 
men. Der erste Hay-Pauncefote-Vertrag vom 5. Februar 1900, in dem 
England zwar auf das Recht der Mitkontrolle verzichtete, der aber an 
der vertragsmäßigen Neutralisierung des Kanals festhielt und den Bei- 
tritt den übrigen Mächten offenließ, stieß daher im Senat der Ver- 
einigten Staaten auf unüberwindlichen Widerstand. Unter dem Ein- 
druck des südafrikanischen Krieges sah sich England zum Rückzug 
veranlaßt. Der neue, ratifizierte Hay-Pauncefote-Vertrag vom 18.No- 
II Art. 6 zurückgezogen. Darauf können alle Mächte, die dem Vertrag von 1904 
beigetreten sind, sich berufen. Die von Dedreux und Fleischmann (auch von 
Strupp II 39 Note 2) dagegen erhobenen Bedenken hat Meurer, L. A. XXXIII 
6544 widerlegt. Im Weltkrieg ist der Kanal schon vor dem Beginn der tür- 
kischen Feindseligkeiten durch England zum Kriessschauplatz gemacht, Be- 
festigungen sind am Kanal durch die ägyptische Regierung unter englischer 
Schutzherrschaft (oben $ 3 Note 18) angelegt worden. England hat 1914 deutsche 
und österreichische Schiffe in den Kanal eingelassen, dann aber, angeblich weil 
sie zu lange hier verweilten, zur Ausfahrt gezwungen, auf offener See angehalten 
und in Ägypten als gute Prise verurteilen lassen (,„Lützow‘‘, „Derfflinger‘, 
„Herzog“, „Marquis Bacquehem‘“). ' 
14) Vgl. Caratböodory, H.H.II394. Viallate, R.G.X5, X148l. 
Rougier, R.G. X1 567 (über die Entstehung der Republik Panama). Nys 
1628. Pensa, La Republique et lecanal de Panama. 1906. Müller-Heymer, 
Der Panamakanal usw. Würzburger Diss. 1909. Brodnitz, H. St. VI 980. 
Arias, The Panama Canal. 1911. Boyd, R. G. XVII 614. Lehmann, N. 2. 
XXIIL2. Abt. 46. W. Kaufmann, K.Z. VI 407. Oppenheim, The Panama 
Conflict etc. 1913. Kraus (oben $ 7 Note 6 8. 133). — Über den Vertrag vom 
18. November 1803: R. G. XVII 549. Official oorrespondence and other docu- 
ments respecting the Panama question. 1904. — Die Verträge von 1850 und 
1901 sind abgedruckt N. Z. XII 365, sowie N.R. G. XV 187 und N. R. G. 2. -. 
XXX 631; die Verträge von 1901 und 1903 bei Fleischmann 321, 322; die von 
1900, 1901, 1903 bei Strupp II 203ff.; dazu R. G. XVIII 89. — Über das 
amerikanische Gesetz vom 24. August 1912 (Begünstigung der nationalen Küsten- 
frachtfahrt) und den britischen Protest vom 14. November 1912 (Jahrbuch I 164, 
K. Z, V1 499) vgl. Butte und Baty, Jahrbuch I 403 und 453. Die angefochtenen 
Bestimmungen rind beseitigt durch Gesetz vom 15. Juni 1914, N. R. G. 3. s. IX 3. 
— Die Vereinigten Staaten haben am 13. November 1914 Bestimmungen über 
die Wahrung der Neutralität im Kanal erlassen, die durch den Eintritt in den 
Krieg hinfällig geworden sind.
	        
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