& 27. Die Fluß- und Kanalschiffahrt. 201
vember 1901 gewährte den Vereinigten Staaten die vollständige Be-
herrschung des Kanals, ohne Rücksicht auf die für ihn gewählte Linie.
Das „allgemeine Prinzip der Neutralisation‘, im Sinne des Suez-
kanalvertrages von 1888, wird zwar von den Vereinigten Staaten aner-
kannt und in seinen Folgesätzen durchgeführt (Art. Ill); aber die an
dem Vertrag nicht beteiligten Staaten können daraus kein Recht ab-
leiten. Ende November 1902 traten die Vereinigten Staaten mit Colum-
bien in Verhandlungen, die zu einem Vertrag vom 22. Januar 1903
führten; und als Columbien die Ratifizierung verzögerte, schlossen
dia Vereinigten Staaten mit Panama, das sich von Columbien losge-
rissen und am 4. November 1903 als unabhängigen Staat erklärt hatte,
am 18. November 1903 einen neuen Vertrag (Hay-Varilla-Vertrag), der
ihnen die uneingeschränkte und dauernde Ausübung der Gebietshoheit
nicht nur über den Kanal, sondern auch über einen Landstrich von je
fünf englischen Meilen Breite auf beiden Ufern und über die beiden
Endpunkte des Kanals am Großen wie am Atlantischen Ozean sichert.
Die in Art.18 ausgesprochene „ewige Neutralität‘ des Kanals ist mit-
hin ohne jeden völkerrechtlichen Schutz unter die freie Souveränität
der Vereinigten Staaten gestellt, denen daher auch die Anlage von Be-
festigungen nicht versagt werden kann!5). Damit ist aus dem geplanten
internationalen Friedenswerk ein auch den militärischen Zwecken der
Vereinigten Staaten dienstbares nationales Werk geworden.
Seit 1914 haben die Vereinigten Staaten sich die Herrschaft über
einen etwa zu erbauenden Kanal über Nicaragua gesichert. In dem Ver-
trag mit diesem Staate haben sie sich nicht nur das für Bau und Betrieb
des Kanals erforderliche Gebiet, sondern auch die Häfen an der Karai-
bischen See und am Stillen Ozean sowie Plätze für befestigte Flotten-
stationen gewähren lassen.
V. Die Binnenschilfahrt, »
1. Die Schiffahrt in den nationalen Gewässern (Flüssen, Binnenseen,
Kanälen) steht unter der Gesetzgebung des Uferstaates. Dieser Ist insbesondere
berechtigt, Staatstremde von der Binnenschiffahrt auszuschließen oder sie bei
Zulassung ungünstiger zu stellen als die Staatsangehörigen (oben $ 9 ID).
Aber die Entwicklung der, Gegenwart geht dahin, auch bezüg-
lich der Binnenschiffahrt die Staatsfremden den Staatsangehörigen
gleichzustellen. Das Deutsche Reich hat diesen Standpunkt vielfach
in den mit andern Staaten geschlossenen Verträgen eingenommen. Als
15) Vgl. R. G. XVII 549, 624. — Das Recht war ausgeschlossen in den Ver-
trägen von 1850 und 1900 (Art. II Ziff. 7), nicht erwähnt im Vertrag von 1901,
ist dagegen ausdrücklich vorbehalten in dem Vertrag von 1903. Befestigungen
sind namentlich in Colon und Panama angelegt worden. — Übereinstimmend
mit dem Text Krauel (oben $ 6 Note 18). Dagegen Lehmann.