Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 32. Gesetzgebung und Rechtspflege. 2. Privatrecht und Prozeß. 227 
widersetzt. Die Ehe, die in dem Land der Eheschließung wegen Nicht- 
beachtung der Form ungültig ist, kann dennoch von den übrigen Staaten 
als gültig anerkannt werden, wenn die Form beachtet worden ist, die 
durch das nationale Recht der beiden Gatten vorgeschrieben wird 
(Art. 7). 
Das Abkommen findet nur auf solche Ehen Anwendung, die auf 
dem Gebiet eines Vertragsstaates und zwischen Personen geschlossen 
werden, von denen wenigstens die eine Staatsangehörige eines Ver- 
tragsstaates ist (Art.8).. Das Abkommen bezieht sich nur auf die 
europäischen Gebiete der Vertragsstaaten (Art.9), ist also insofern 
ein „geschlossener“ Vertrag. Staaten, die auf der dritten Konferenz 
vertreten waren, aber die Vereinbarung nicht unterzeichnet haben, 
ist der Beitritt offengehalten (Art. 10). 
b) Das zweite Abkommen betrifft das Recht der Ehescheidung. 
Die Ehescheidung kann nur begehrt werden, wenn sowohl das 
nationale Recht der Gatten als auch das Recht des Ortes, an dem 
das Begehren gestellt wird, die Ehescheidung überhaupt zulassen 
(z. B. nicht in Spanien und Portugal, wohl aber in Frankreich seit 1884); 
sie kann ferner nur begehrt werden, wenn im gegebenen Falle nach 
den beiden Rechten, wenn auch aus verschiedenen Gründen, die Ehe- 
scheidung begründet erscheint (Art.1, 2). Das gleiche gilt bezüglich 
der Trennung von Tisch und Bett. Doch kommt das nationale Recht 
allein zur Anwendung, wenn das Recht des Ortes, an welchem das 
Begehren gestellt wird, dieses vorschreibt (Art. 3). 
Das Begehren kann gestellt werden 1. vor den nach dem nationalen 
Recht. zuständigen Gerichten; 2. vor den Gerichten des Wohnsitzes 
der Gatten (Art.5). Die von einem dieser Gerichte ausgesprochene 
Scheidung oder Trennung von Tisch und Bett wird überall (also auch 
im Heimatstaate des ‘Geschiedenen) anerkannt, wenn die übrigen Be- 
stimmungen dieser Vereinbarung beachtet worden sind (Art.6). Die in 
der ersten Konvention vereinbarten Beschränkungen hinsichtlich der 
Personen und des Anwendungsgebietes gelten auch für die zweite Kon- 
vention. Auch ist der Beitritt nur den auf .der Konferenz vertretenen 
Staaten vorbehalten. | 
c) Das dritte Abkommen betrifft die Vormundschaft über Minderjährige, 
Die Vormundschaft richtet sich nach dem nationalen Recht des 
Minderjährigen (Art.1). Hat der Minderjährige seinen Wohnsitz im 
Ausland und tritt infolgedessen die Vormundschaft in seinem Heimats- 
ort nicht ein, so kann der diplomatische oder konsularische Vertreter 
seines Heimatsstaates einschreiten, wenn der Staat des Wohnsitzes 
sich nicht widersetzt (Art.2). Wenn nach diesen Bestimmungen (Art.1 
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