230 III. Buch. Die Interessengemeinschaft des völkerrechtl. Stastenverbands.
4. Der beachtenswerte Gedanke, ein umfassendes Weltprivatzecht
zu schaffen, ist bisher über theoretische Erörterungen nicht hinaus-
gekommen. Er dürfte wohl nur schrittweise Verwirklichung, zunächst
für das Gebiet der Schuldverhältnisse, zu erwarten haben !!).
8 33. 3. Strafrecht und Auslieferungswesen.
l. Das Strafrecht und das Strafverfahren mit Einschluß der Rechtshilfe hat
ebenfalls den Gegenstand viellacher Abmachungen gebildet.
1. Das sogenannte internationale Strafrecht gehört nicht dem Völker-
rechte an. Es enthält die innerstaatlichen Normen über das räumliche Geltungs-
geblet der Strafrechtssätze.!)
2. Durch internationales Übereinkommen kann ein Staat verpflichtet
werden, gewisse Strafdrohungen In seine nationale Gesetzgebung aufzunehmen
oder diese nach andern bestimmten Richtungen hin zu ändern.
a) Von den zwischen größeren Staatengruppen gatroffenen Ver-
einbarungen sind zu nennen: die Reblauskonvention (unten 83511);
der Kabelschutzvertrag (oben 8 29 II 2); die Brüsseler Antisklaverei-
akte (unten 8 37 14).
b) Zwischen den Grenzstaaten sind Vereinbarungen häufig über
die Verfolgung und Bestrafung der auf dem „Gebiet des andern ver-
tragschließenden Teiles‘ begangenen strafbaren Handlungen, insbe-
sondere der Jagd- und Fischereivergehen.
Vgl. ferner Artikel IV6a.E. des deutschen Handels- usw. Ver-
trages mit Korea vom 26. November 1883 (R.G.Bl. 1884 S. 221):
»- » ». Wer die genannten Grenzen (in dem Umkreis der geöffneten
Häfen und Plätze) ohne Paß überschreitet, wird mit „einer Geldstrafe
bis zu einhundert Dollars bestraft, neben welcher auf Gefängnis bis
zu einem Monat erkannt werden kann.“ In Art. VI desselben Vertrages
hat Deutschland die Verpflichtung übernommen, den Schleichhandel
der deutschen Staatsangehörigen mit den nichtgeöffneten Häfen und
Plätzen zu bestrafen. Hierher gehören auch Vereinbarungen in der
deutsch-chinesischen Zusatzkonvention (zu dem Handelsvertrag von
1861) vom 31. März 1880 (R.G.B1.1881 S. 261).
11) Vgl. F. Klein, Die Möglichkeit eines Weltprivatrechts. 1913 (Festgabe
für Zitelmann) sowie N. Z,.XVIl und XXIV 112. Mutzner, N. Z.XXIV 78.
P. Klein, K.Z.X 147. Zitelmann, Die Möglichkeit eines Weltrechts. 1916 (erste
Aufl. 1888). Lehmann, Der Krieg und die Bestrebungen auf Vereinheitlichung
des Privatrechts. 1915. Über einheitliche Regelung einzelner Fragen des Privat-
rechts haben die International Law Association und das Institut wiederholt ver-
handelt. — Über die Vorschläge zur Errichtung eines internationalen Gerichts-
hofes für die internationa} kodifizierten Gebiete des Privatrechts vgl. oben $17 II4.
1) Vgl. v. Liszt, Lehrbuch des Strafrechts. 20. Aufl. 1914 $$21—23. Hier
weitere Literatur. Dazu Kohler, Internationales Strafrecht. 1917.