Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

8 37. Die Bekämpfung des Sklavenhandels. 257 
bestimmten Schutzhäfen ihre Stützpunkte finden. Die Vertragsmächte 
verpflichten sich, .alle für die Erreichung dieses Zweckes erforderlichen 
Maßregeln zu treffen, vor allem. auch Strafandrohungen gegen den 
Sklavenraub zu’ erlassen. Über den Vertrieb von Feuerwaffen vgl. 
oben 8 36 IL 4. | 
Die Bestimmungen des Il. Kapitels sollen dem Skla- 
venhandel zu Lande entgegentreten. Die von den Sklaven- 
händlern benützten Karawanenwege sollen überwacht, die auf dem 
Marsche befindlichen .Sklavenzüge sollen angehalten und, soweit als 
dies gesetzlich zulässig ist, verfolgt werden. Eine besondere Über- 
wachung soll in den Seehafenplätzen ausgeübt werden. 
Das II. Kapitel beschäftigt sich mit dem Sklaven- 
handel zur See. In den allgemeinen Bestimmungen wird die „ver- 
dächtigo Zone‘ abgegrenzt, innerhalb welcher der Sklavenhandel 1890 
noch getrieben wurde. Sie umfaßt den westlichen Teil des Indischon 
Ozeans mit Einschluß des Roten Meeres und des Persischen Meer- 
busens und wird im Westen durch die Küsten von Belutschistan bis 
zum Kap von Tangalane, im Osten durch eine konventionelle Linie 
begrenzt. Darauf folgen strenge Vorschriften über Verleihung des 
Flaggenrechtes an die einheimischen Schiffe, über die Musterrollen 
und dis Listen der schwarzen Passagiere. Die Kriegsschiffe der Ver- 
tragsmächte haben das Recht, jedes verdächtige Schiff unter 500 Tonnen 
Gehalt, das sie in der bezeichneten Zone treffen, anzuhalten und eine 
Prüfung der Schiffspapiere vorzunehmen. „Die Prüfung der Schiffs- 
ladung oder die Durchsuchung“ (also die eigentliche recherche im 
technischen Sinne des Wortes, in der Akte ‚visite‘ genannt) darf 
jedoch nur dann stattfinden, wenn der Staat, dem das verdächtige 
Schiff seiner Flagge nach angehört, dieses Recht dem Staate des 
anhaltenden Kreuzers ausdrücklich eingeräumt hat; eine Einschrän- 
kung, die aus Rücksicht für Frankreich aufgenommen wurde. Be- 
stätigt sich der Verdacht, so soll das angehaltene Schiff in den näch- 
sten Hafen derjenigen Macht geführt werden, der es seiner Flagge 
nach angehört; es kann aber auch einem Kreuzer seiner Flagge über- 
geben werden, wenn dieser bereit ist, es zu übernehmen. Die Behörde, 
der das aufgebrachte Schiff überantwortet worden ist, hat in Gegen- 
wart eines Offiziers des aufbringenden Schiffes ein Untersuchungsver- 
fahren einzuleiten. Wird mißbräuchliche Flaggenführung festgestellt, 
so verbleibt das aufgebrachte Schiff der Verfügung des Aufbringenden. 
Wird dagegen ein Fall des Sklavenhandels nachgewiesen, so bleibt das 
Schiff unter Sequestration der untersuchenden Behörde, während 
Schiffer und Mannschaft den Gerichtshöfen ihrer Flagge überwiesen 
werden. Ein zu Unrecht angehaltenes Schiff hat Anspruch auf eine 
von der Regierung des Kreuzers zu leistende, eventuell durch Schieds- 
v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 17
	        
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