8 838. Die nisht-kriegerische Erledigung der Steatenstreitigkeiten. 267
daß sie weder die Lebensinteressen noch die Unabhängigkeit des Ver-
tragschließenden in Frage stellen®), noch die Interessen: dritter Mächte
berühren.“
. Nach dem Muster dieses Vertrages ist in den folgenden Jahren
eine ganze Reihe weiterer allgemeiner Schiedsverträge zwischen den
verschiedenen Mächten zustande gekommen. Ihre Zahl beträgt augen-
blicklich etwa hundertzwanzig, die, wie ein immer enger werdendes
Netz, die ganze Völkerrechtsgemeinschaft umspannen. Das Deutsche
Reich hat bisher nur zwei solcher Verträge geschlossen, den einen
mit England am 12. Juli 1904 (seither zweimal verlängert), den andern
mit den Vereinigten Staaten am 22.November 1904. Dieser ist von
den Vereinigten Staaten nicht ratifiziert worden und die fortgesetzten
Verhandlungen haben bisher zu einem Ergebnis nicht geführt. Dabei
ist in dem Inhalt der Verträge ein wesentlicher Fortschritt festzustellen.
Während die älteren Verträge nur gewisse Streitigkeiten dem schieds-
richterlichen Verfahren unterwerfen, sprechen die jüngeren vielfach (so
schon der dänisch-niederländische vom 12. Februar 1904) ganz allge-
mein von ',„tous les differends et tous les litiges“, die’auf Jdiplomati-
schem Wege nicht erledigt werden konnten; oder sie schließen die
Ehrenklausel aus, wenn es sich um gewisse, im Vertrag aufgezählte
Streitigkeiten handelt (so der französisch-dänische Vertrag vom 9. August
1911 in N.R.G.3.s. V 682). Der Versuch, solche vorbehaltlose Schieds-
verträge auch zwischen Großbritannien und Frankreich einerseits, den
Vereinigten Staaten anderseits zustande zu bringen (Verträge vom
3. August 1911), ist, da der amerikanische Senat sie nur mit weit-
gehendem, einer Ablehnung gleichkommendem Vorbehalt angenommen
hat (Beschluß vom 7. März 1912), als gescheitert zu betrachten.
4. Die weit zurückreichenden Vorschläge, einen ständigen Staatengerichts-
hof für die Erledigung völkerrechtlicher Streitigkeiten einzurichten, haben
durch die Haager Friedenskonferenzen Verwirklichung gefunden.!®)
Die Beschlüsse der Haager Konferenz beruhen auf dem Gedanken
eines Staatenverbandes (oben 8 17), durch den ein ständiger Schieds-
9) Die „„Ehrenklausel‘‘ versteht sich nicht von selbst. Wo sie fehlt, ist die
Verpflichtung des Vertragschließenden uneingeschränkt. Abweichend A. Zorn
und Pohl. | 9
10) Wehberg, Kommentar zu dem Haager Abkommen betr. die friedliche
Erledigung internat. Streitigkeiten vom 18. Oktober 1907. 1911. Tettenborn,
Das Haager Schiedsgericht. 1911. Pohl, Der Monroevorbehalt (Festgabe für
Krüger). 1911. Kohler, K. Z. VI103. Meurer I 161. Nys II 568. Oppenheim
II23. Annuaire XXV 397. Erich (oben $ 17 Note l)l. Brown Scott, An
internat. coourt of justice. 1916. — Das wichtigste Auslegungsmittel der Kon-
vention bildet der vortreffliche Bericht von Descamps. — Die vom Haager
Schiedshof bisher gefällten Sprüche sind mitgeteilt und kritisch besprochen
in „Das Werk vom Haag‘ (oben $ 3 Note 32) II. Serie 1914 ff. Zusammen-