270 IV. Buch, Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten.
nommenen „Erklärung“ ihre Sympathie für die obligatorische Schieds-
sprechung zum Ausdruck zu bringen.
Bis auf weiteres ist mithin diese auf die bereits oben S.266f. be-
sprochenen Anwendungsfälle, hauptsächlich also auf die Einzelverträge .
zwischen denjenigen Staaten beschränkt, die sich gegenseitig das zur
Durchführung des Gedankens erforderliche Vertrauen nicht versagen.
Das. Verfahren vor dem 1907 vorgeschlagenen internationalen
Prisenhof ist nicht schiedsrichterliches, sondern richterliches Verfahren,
gehört also nicht hierher (unten 8 43 III).
"DL Die Weiterbildung des bestehenden Bechtszustandes.
“Die Richtlinien der kommenden Entwicklung ergeben sich aus
den Mängeln des geltenden Rechts. Neben der schiedsrichterlichen Er-
ledigung zwischenstaatlicher Rechtsstreitigkeiten, die wenigstens
für gewisse Gruppen von Fällen durch einen allgemeinen Staatenver-
trag bindend vorzuzeichnen und an einen wirklich ständigen Schieds-
gerichtshof zu verweisen ist, muß die allgemeine Durchführung
der Bryanschen Vorschläge (oben I 1) über die Einsetzung eines stän-
digen internationalen Vermittlungsamtes (conseil internat. de
conciliation) treten. Diesem sind, außer den zur schiedsrichterlichen Er-
ledigung nicht geeigneten Rechtsstreitigkeiten, alle Interessenkon-
flikte zu überweisen. Während aber der Schiedsspruch zwischen den
Parteien Recht schafft und den Streitfall endgültig erledigt, hat das Ver-
mittlungsamt nur Einigungsvorschläge zu machen, die den Parteien
die volle Freiheit der Entschließung nicht beschränken. Die Staaten ver-
pflichten sich nur, die Entscheidung durch Waffengewalt nicht anzu-
rufen, ehe der, binnen bestimmter Frist zu erstattende, Vermittlungsvor-
schlag eingegangen ist. Wie die Erfüllung dieser Verpflichtung zu sichern
ist, ergibt sich aus der oben $ 17 I erörterten Gestaltung des völkerrecht-
lichen Zwanges.
In dieser Richtung bewegen sich die Vorschläge der amerikanischen
League to enforce peace (oben Il am Schluß), die die Zustimmung der
leitenden Staatsmänner in den Vereinigten Staaten, in England wie im
Deutschen Reich gefunden haben).
IV. Zu den friedlichen Mitteln der Durchsetzung eines behaupteten An-
spruches gehört auch die Selbsthilfe, die sich als unmittelbare Durchsetzung
des behaupteten Anspruches oder als Imdirekter Zwang darstellen kann. Das
Eigenartige dieser beiden Formen der Selbsthilfe besteht darin, daß sie den
12) Vgl. v. Liszt in dem Wiener Blatt ‚Die Zeit‘‘ vom 26. November 1916.
Derselbe, Vom Staatenxerband zur Völkergemeinschaft. 1917. Die Verhand-
lungen der Zentralorganisation für einen dauernden Frieden (Berner Studien-
kongreß 1917). Collin, The war against war and the enforcement of peace.
1917. Brailsford, A League of nations. 1917. — Ferner die Literatur zu $ 44.