$ 3. Geschichte des Völkerrechts. 15
feierliche Erklärung unterwarf und dieses für einen Bestandteil seines
nationalen Rechtes erklärte.
2. Die Rechtsregeln über die Stellung der neutralen Mächte im
Seekriege erfuhren eine, wenn auch nur vorübergehende Weiterbildung
durch die „bewaffnete Neutralität“, die während des Krieges
Englands gegen seine nordamerikanischen Kolonien unter russischer
Führung gegen Englands Übergriffe zur See zustande gekommen war.
Die Deklaration der Kaiserin Katharina II. von Rußland vom 28. Februar
(10. März) 1780 an die Höfe von London, Versailles und Madrid (Strupp
1 73, Niemeyer I 1), die die Zustimmung von Frankreich und Spanien
sowio von Rußland, Dänemark, Schweden, den Niederlanden, Preußen,
Österreich, Portugal und den beiden Sizilien fand, enthielt folgende
Rechtssätze: a) Daß die neutralen Schiffe ungehindert von Hafen: zu
Hafen und die Küsten der kriegführenden Staaten entlang fahren dür-
fen; b) daß die den Untertanen der kriegführenden Mächte gehörigen
Güter (ausgenommen Kriegskonterbande) auf neutralen Schiffen frei
sein sollen (frei Schiff, frei Gut); c) daß hinsichtlich des Begriffes der
Kriegskonterbande der Handelsvertrag Rußlands mit England vom
20. Juni 1766 Art. X, XI maßgebend und auf alle kriegführenden
Staaten ausgedehnt sein soll. (Danach gelten nur Waffen, Munition,
mit Einschluß von Schwefel und Salpeter, und Ausrüstungsgegen-
stände für die Truppen als Konterbande); d) daß ein Hafen nur dann
als blockiert gelte, wenn infolge von Vorkehrungen der Macht, die den
Hafen mit nahe genug herangeführten und dort stationierten (arr&tes)
Schiffen attackiert, die Einfahrt in diesen mit augenscheinlicher Ge-
fahr verbunden ist.
Mit dem Frieden zu Versailles 1783 löste sich der Bund der „bewaff-
neten Neutralität‘ wieder auf, ohne dauernde Erfolge erzielt zu haben.
Dasselbe gilt von der erneuerten Vereinbarung Rußlands, Dänemarks
und Schwedens von 1800, der auch Preußen in der Konvention mit
Rußland vom 18. Dezember 1800 beigetreten wart).
Von besonderer Wichtigkeit ist ferner der Vertrag Preußens mit
den Vereinigten Staaten vom 10. September 1785 (Strupp I 82, Nie-
meyer I 22), in dem die Beseitigung des Seebeuterechts vereinbart wurde.
3. In der Wissenschaft des Völkerrechts traten unter den Nach-
folgern von Grotius zwei Richtungen einander gegenüber: Die posi-
tivistische (Zouch 7 1660) und die rein naturrechtliche oder ideali-
4) Martens Suppl. H 391; Niemeyer I13. — Fauchille, La diplomatie
frangaise et la ligue des Neutres de 1780 (1776—1783). 1893. Bergbohm, Die
bewaffnete Neutralität 1780 bis 1783. 1884. Krauel in der Berliner Festschrift
für Brunner (1914) 8.69. Albrecht, K. Z. VI1436. — Trendelenburg, Fried-
richs des Großen Verdienste um das Völkerrecht im Seekrieg. 1866. (Monats-
berichte der Berliner Akademie.)