Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$S 39. Der Krieg als völkerrechtliches Rechtsverbältnis. 283 
gelangen in eine der XKriegsgefangenscheft ähnliche Stellung (unten 
840 IV). Wenn die Festnahme zur Erreichung des Zweckes nicht ge- 
nügt, können auch noch härtere Maßnahmen angeordnet werden. 
V. Kriegszustand ist der Inbegriit der durch den Krieg erzeugten Rechts- 
verhältnisse, 
1. Er beginnt entweder mit der förmlichen Kriegserklärung oder aber mit 
dem tatsächlichen Ausbruch der Feindseligkeiten auf beiden Seiten.!) 
Nach dem bisherigen Gewohnheitsrecht war die formelle Kriegs- 
erklärung nicht unbedingt erforderlich, wenn sie auch seit der Mitte 
des 19. Jahrhunderts in den meisten Kriegen dem Beginn der Feind- 
seligkeiten vorangegangen ist. Der Überfall der Japaner auf die rus- 
sische Flotte zu Port Arthur in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar 
1%4 war daher nicht völkerrechtswidrig. 
Dagegen erklärt das dritte Abkommen von 1907, daß die Feind- 
seligkeiten zwischen den Vertragsmächten ohne eine vorausgehende 
unzweideutige Benachrichtigung nicht beginnen dürfen, die entweder 
die Form einer mit Gründen versehenen Kriegserklärung, oder die 
eines Ultimatums mit bedingter Kriegserklärung (diese hat die Ööster- 
reichisch-ungarische Note an Serbien vom 23.Juli 1914 nicht ent- 
halten) haben muß. Von der Festsetzung einer Frist zwischen Kriegs- 
erklärung und Beginn der Feindseligkeiten ist Abstand genommen .wor- 
den. Die Kriegserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, aber 
nicht annahbmebedürftige Erklärung von Staat zu Staat (vgl. oben 
$ 21 IV); sie muß den Kriegswillen unzweideutig zum Ausdruck ‚bringen 
und kann, muß aber nicht, mit Gründen versehen sein. Über Kriegs- 
erklärung von einem oder an einen mehrerer verbündeten Staaten vgl. 
oben zu Note5. Die Erklärung Serbiens an Deutschland vom 6. August 
1914, daß es mit seinen Bundesgenossen solidarisch sei, kann als aus- 
reichende Kriegserklärung nicht angesehen werden. 
Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen genügt 
nicht, um den Kriegszustand herbeizuführen, wird ihn aber meist zur 
10) Bustamante 1207. de Louter II204. M£rignhac III1S.64. Nys 
III29. Oppenheim II 121. Maurel, Dela declaration deguerre. 1907. Mauche, 
La döclaration de guerre et l’avenir de l’arbitrage internat. 1909. Tambaro, 
L’ inizio della guerra et la 32 convenzione dell’ Aja. 191ll. Soughimoura, De la 
declaration de guerre&tc. 1912. Roessler, Die Kriegserklärung und ihre Wirkung 
nach modernem Völkerrecht. Leipziger Diss. 1912. Jovy, Kriegserklärung und 
Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht. 1913. Zellmann, Die 
Kriegserklärung im völkerrechtlichen Verkehr. Greifswalder Diss. 1913. v. Burgs- 
dorff, Die Kriegserklärung und ihre Wirkungen usw. 1914. Auerbach, Die 
Kriegserklärung. Marburger Diss. 1914. Steinlein, Die Form der Kriegserklä- 
rung. 1917 (mit sorgfältigen geschichtlichen Untersuchungen vom 16. Jahrhundert 
bis 1916). Niemeyer, Seekriegsrecht I38. Annuaire XXI260 (Bericht- 
erstatter Rolin). Niemeyer II427. Strupp (unten $40 Notel) S. 13.
	        
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