8 39. Der Krieg als völkerrechtliohes Rechtsverhältnis, ‚285
quatur entzogen, und die Vertretung der Interessen der Staatsangehörigen
wird den Vertretern einer befreundeten Macht übertragen !ı!),
ß) Die mit dem Gegner geschlossenen rechtsgeschäftlichen Einzel-
verträge werden aufgehoben, soweit sie nicht gerade für den Fall des
Krieges abgeschlossen sind (oben 8 22 V 3).
:y) Den Staatsangehörigen des Gegners kann der Eintritt in das
Staatsgebiet versagt werden; die auf dem Staatsgebiet weilenden
Angehörigen des Gegners können, soweit nicht besondere Verein-
barungen im Wege stehen, im Lande zurückgehalten oder aber
ausgewiesen werden (Xenelasie). Dabei ist ihnen eine angemessene
Frist zur Ordnung ihrer Angelegenheiten unter allen Umständen zu ge-
währen. Der vertragsmäßige Ausschuß der Ausweisung der gegne-
rischen Staatsangehörigen findet sich beispielsweise in Art.11 des
deutschen Freundschafts- usw. Vertrags mit Nicaragua vom 4. Februar
1896 (R.G.Bl. 1897 S. 171).
Frankreich hat am 16. September 1870 die auf französischem Ge-
biet weilenden Deutschen (angeblich etwa 100000, davon 4000 in Paris)
ausgewiesen; dagegen ist eine Ausweisung der gegnerischen Staats-
angehörigen während des chinesisch-japanischen Krieges 1894, wäh-
rend des spanisch-amerikanischen Krieges von 1898 und während des
russisch-japanischen Krieges von 1904/5 nicht erfolgt12). Dagegen hat
die Türkei 1912 einen Teil der italienischen Staatsangehörigen ausge-
wiesen. .
Im Weltkrieg sind die kriegführenden Mächte, unter englischer
Führung, weit über diese Maßregeln hinausgegangen. Sie haben die
wehrfähigen, wenn auch nicht wehrpflichtigen Angehörigen der Kriegs-
gegner als Kriegsgefangene behandelt, die übrigen, auch Frauen und
Kinder, ausgewiesen oder als „Zivilgefangene“ interniert und vielfach
in besonderen Lagern untergebracht. Deutschland und seine Verbün-
deten sahen sich dadurch veranlaßt, der Weg der Vergeltung zu be-
schreiten. Die vorläufige Festnahme kann durch das Interesse an der
Geheimhaltung militärischer Operationen gerechtfertigt werden; der
dauernden Einschließung fehlt jeder Rechtsgrund. Daher mangelt es
auch an völkerrechtlichen Normen über die rechtliche Lage der Zivil-
gefangenen. Man wird die Analogie der Kriegsgefangenen (unten $ 40 IV)
insoweit heranziehen können, als die Gefangenen nicht schlechter be-
handelt werden dürfen als jene. Daher muß insbesondere die Unter-
11) Zusammenstellungen über den diplomatischen Schutz der deutschen
Staatsangehörigen in den feindlichen Staaten während des Krieges finden sich
RK. 2. IX 44, X 166, |
12) Vgl.R.G.1468, 11577. Fleischmann, D.J.Z. XVI 1246. Merign-
hao III1S.86. Oppenheim II131. Nys III 58. Vgl. auch Higgins, War and
the private citizen. 1912.