8 40, Die Rechtssätze des Landkriegsrechts. 301
delsschiffen weggenommen (Proteste der Vereinigten Staaten, der
Niederlande usw.). Die „Zivilgefangenen“ (oben 839 V2) sind nicht
Kriegsgefangene; die Bestimmungen der „Ordnung“ finden daher auf
sie keine unmittelbare Anwendung.
2. Die Kriegsgefangenschatt ist Im heutigen Kriege nur Verwahrung mit
Schonung des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums der Gefangenen.
Der Kriegsgefangene hat aufgehört, feindlicher Soldat zu sein.
Er tritt unter die Gewalt des Staates, dessen Truppen ihn gefangen-
genommen haben. Er schuldet diesem Staat und seinen Organen Gehor-
sam und steht unter seinen Gesetzen. Wegen strafbarer Handlungen,
die er vor seiner Gefangennahme begangen hat, kann er von dem
Nehmestaat nur dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn dieser
nach seinem Recht für die Bestrafung von Handlungen zuständig ist,
die von Ausländern im Inland oder Ausland begangen werden. Kriegs-
handlungen aber können nicht als strafbare Handlungen beurteilt
werden 10).
Der kriegführende Staat, in dessen Gewalt die Gefangenen geraten
sind, darf alle Maßregeln treffen, um sie am Entweichen zu hindern;
er darf sie, mit Ausnahme der Offiziere, auch mit angemessenen Ar-
beiten beschäftigen, muß aber andrerseits für ihren ranggemäßen Unter-
halt sorgen. Die angewiesenen Arbeiten dürfen nicht in unmittelbarer
Beziehung zur Kriegführung stehen, wie etwa das Auswerfen von
Schützengräben. Die Entweichung des Gefangenen zieht kriminelle Be-
strafung nicht nach sicht),
Den Kriegsgefangenen verbleibt ihr persönliches Eigentum, mit
Ausnahme der Waffen, Pferde und der Schriftstücke militärischen In-
halts. Kriegsgefangene Offiziere erhalten den ihnen zukommenden Sold,
den ihre Regierung dann zurückzuerstatten hat. Den Kriegsgefangenen
wird in der Ausübung ihrer Religion und in der Teilnahme am Gottes-
dienste volle Freiheit gelassen. Für die Errichtung von Testamenten der
Kriegsgefangenen gelten dieselben Bestimmungen wie für die Militär-
personen des eigenen Heeres. Dasselbe gilt für die Sterbeurkunden sowie
für die Beerdigung von Kriegsgefangenen. Vgl. Art.4 bis 9, 17 bis 19
der „Ordnung“. |
“ Für die Behandlung der Kriegsgefangenen sind, soweit die „Ord-
nung‘ keine Bestimmungen enthält, die Grundsätze der Menschlichkeit
maßgebend. Für Leben und Gesundheit ist zu sorgen; unnötige Härte
ist zu vermeiden. Die Beobachtung dieser Grundsätze kann durch
10) Reiohsmilitärger. vom 23. August 1915 (D. J. Z XX 1235). Ger-
baulet, D.J. Z. XXI 184. Strupp, N. Z. XXV 357.
11) Daher findet $ 79 des deutschen Mil.-StGB.s keine Anwendung. Ebense
Reichsmilitärgericht 9. Februar 1916 (D. J. Z. XXI 415). Dagegen Oetker,
Gerichtsaal LXXXV 415.