Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 41. Die Rechtssätze des Seekriegsrechtes. 319 
Die Verwendung von unterseeischen selbsttätigen Kontaktminen, 
die für den Kriegführenden zu Angriff und Verteidigung unentbehrlich, 
für den neutralen Handel dagegen äußerst gefährlich ist, bildete seit 
den Erfahrungen des russisch-japanischen Krieges den Gegenstand viel- 
facher Erörterung in der Literatur wie auf den Versammlungen der 
Fachmänner. Das achte Abkommen von 1907 hat .es versucht, die 
Interessen der Kriegführenden mit denen des Handels in Einklang 
zu bringen, indem es bestimmte: 
a) Es dürfen nur Minen und Torpedos von einer gewissen tech- 
nischeu Beschaffenheit zur Verwendung gelangen. Art.1 untersagt: 
a) Das Legen von unverankerten selbsttätigen Kontaktminen, 
(mines flottantes), außer wenn diese so eingerichtet sind, daß sie 
spätestens eine Stunde, nachdem der sie Legende die Aufsicht über sie 
verlorer. hat, unschädlich („blind‘‘) werden; 
ß) das Legen verankerter selbsttätiger Kontaktminen (mines 
amarr6es), außer wenn sie unschädlich werden, sobald sie sich von 
ihrer Verankerung losgerissen haben; 
y) die Verwendung von Torp edos, außer wenn sie unschäd- 
lich werden, nachdem sie ihr Ziel verfehlt haben. 
Die Minen und Torpedos, die jenen Anforderungen entsprechen, 
dürfen auf hoher See und in den Meerengen, sowie in den Küsten- 
gewässern der Kriegführenden gelegt werden. Doch untersagt Art.2 
(deutscher Vorbehalt!) das Legen vor den Küsten und Häfen des Geg- 
ners, wenn es zu dem alleinigen Zweck geschieht, die Handelsschiff- 
fahrt zu unterbinden. ® 
Die Staaten, deren Minen den Anforderungen noch nicht ent- 
sprechen, verpflichten sich, ihr Material möglichst bald entsprechend 
umzugestalten (Art. 6). 
b) Bei Verwendung von verankerten Minen sind für die Sicher- 
heit der friedlichen Schiffahrt alle möglichen Vorsichtsmaßregeln zu 
treffen (Art.3); nach Beendigung des Kriegs sind die gelegten Minen 
möglichst zu beseitigen (Art.5). 
c) Die neutralen Mächte dürfen vor ihren Küsten selbsttätige Kon- 
taktminen legen, sind dabei aber an die für die Kriegführenden auf- 
gestellten Regeln gebunden (Art. 4). 
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die Minensperre zu 
erlaubten Kriegsmitteln des Seekriegs gehört. Eine Beschränkung auf 
bestimmte Seegebiete ist völkerrechtlich nicht geboten (vgl. unten 
unter 6). 
2. Kriegslisten sind auch im Seekrieg, und zwar den Kriegsschiffen wie 
den Handelsschiften, gestattet. 
Zu ihnen gehört, neben der Verkleidung des Schiffes, auch das 
Führen fremder Flaggen. Der sogenannte Flaggenmißbrauch verletzt
	        
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