8 41. Die Rechtssätze des Seekriegsrechtes. 331
seitigung nicht unter den auf die Tagesordnung gesetzten Beratungs-
gegenständen gewesen. |
2. Den feindlichen Schiffen soll eine Frist zum Auslaufen aus den Häfen
des Kriegführenden gewährt werden, ehe das Recht der Beschlagnahme aus-
geübt wird.
Seit dem Krimkrieg pflegen die Kriegführenden den feindlichen
Handelsschiffen, die von dem Ausbruch der Feindseligkeiten über-
rascht werden, eine Frist zu gewähren, damit sie sich in Sicherheit
bringen können (Indult, days of grace, delai de faveur, jours francs). So
haben die Vereinigten Staaten im Jahre 1898 den in den amerikanischen
Gewässern weilenden spanischen Schiffen eine dreißigtägige Frist, Ruß-
land 1904 den japanischen Schiffen eine Frist von 48 Stunden, Japan
den russischen die Frist von einer Woche zur Einnahme der Ladung
und zur Abreise offengehalten. Dagegen hat die Türkei 1911 schon
am Tage nach der Kriegserklärung vom 29.September italienische
Schiffe weggenommen. Und im Weltkrieg ist der Indult nur in engen
Grenzen, von Rußland überhaupt nicht, gewährt worden.
Das sechste Abkommen von 1907 über die Behandlung der feind-
lichen Kaufahrteischiffe beim Ausbruch der Feindseligkeiten hat zwar
von der Aufstellung einer Rechtsregel abgesehen, aber in Artikel 1
es als „erwünscht bezeichnet, daß den feindlichen Schiffen, die sich
beim Ausbruch der Feindseligkeiten in einem Hafen des Kriegführen-
den befinden, gestattet werde, unverzüglich oder binnen einer aus-
reichenden Frist auszulaufen und sich in Sicherheit zu bringen. Das
gleiche gilt für ein Schiff, das den letzten Hafen vor Beginn des Krieges
verlassen hat und ohne Kenntnis der Feindseligkeiten einen feind-
lichen Hafen anläuft 1°). In diesen Fällen ist Anforderung, Beschlagnahme
und Einziehung ausgeschlossen. Ist das Auslaufen nicht gestattet worden,
oder hat das Schiff infolge höherer Gewalt den Hafen nicht binnen
der Frist verlassen können, so darf es zwar nicht eingezogen, wohl
aber gegen Entschädigung angefordert oder mit der Verpflichtung.
es nach dem Krieg ohne Entschädigung zurückzugeben, mit Beschlag
belegt werden (Art. 2).
Feindliche Schiffe, die in Unkenntnis der Feindseligkeiten auf
See betroffen werden, unterliegen nicht der Einziehung, wohl aber
der Beschlagnahme oder Anforderung, ja selbst der Zerstörung; doch
muß im Falle der Zerstörung für die Sicherheit der Personen und die
Erhaltung der Schiffspapiere Sorge getragen und für Schiff und Ladung
Entschädigung geleistet werden (Art.3 mit deutschem Vorbehalt).
13) Hat das Schiff das Hafengebiet noch nicht erreicht, so ist es als auf
offener See befindlich anzusehen. Urteil des deutschen Oberprisengerichts im
Falle Fenix in D. J. Z. XXI 477.