Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

8 43. Das Verfahren in Prisensachen und der internationale Prisenhof. 357 
schiffe gerichteter Dienstbefehl; sondern zugleich eine Rechtsverord- 
nung und als solche für die deutschen Prisengerichte bindend?). 
Das nationale Prisenverfahren ist durch das zwölfte Abkommen 
von 1907 grundsätzlich unberührt geblieben. Doch sind die nationalen 
Prisengerichte künftig an die materiellrechtlichen wie prozeßrechtlichen 
Regeln gebunden, die durch die Konferenzen von 1907 und 1909 auf- 
gestellt worden sind. Die nationalen Prisengerichte sind ferner durch 
Artikel 2 des zwölften Abkommens von 1907 insoweit gebunden, als 
die Urteile in öffentlicher Sitzung verkündet und von Amts wegen den 
Parteien zugestellt werden müssen. Und endlich bestimmt Art.6, daß 
die nationale Gerichtsbarkeit in höchstens zwei Instanzen ausgeübt wer- 
den darf. 
Solange der internationale Prisenhof nicht ins Leben getreten ist, 
bilden die Entscheidungen der nationalen Prisengerichte die wichtigste 
Quelle für die Erkenntnis des materiellen Prisenrechts, das, da die 
Londoner Erklärung von 1909 nicht ratifiziert worden ist, im wesent- 
lichen auf Gewohnheitsrecht 'beruht. Besondere Beachtung verdienen 
die prisengerichtlichen Urteile Englands, der Vereinigten Staaten und 
Japans. Während des Weltkriegs sind ihnen die Entscheidungen des 
deutschen Oberprisengerichts ebenbürtig an die Seite getreten. 
UL Gegen die Entscheidungen der nationalen Prisengerichte ist der Rekurs 
an den internationalen Prisenhof zugelassen. 
Jedoch ist es, nach einem auf der Londoner Konferenz von 1%9 
ausgesprochenen „Wunsch“, durch eine Zusatzvereinbarung (zu dem 
Abkommen über den Prisenhof) vom 19. September 1910, den Mächten 
gestattet worden, der Ratifizierung des Abkommens über den Prisen- 
hof den Vorbehalt beizufügen, daß an die Stelle des Rekurses eine 
„Klage auf Schadensersatz‘ (action en indemnite) trete (Rücksicht auf 
die staatsrechtlichen Bedenken der Vereinigten Staaten)®). 
1. Der Rekurs richtet sich gegen die Entscheidung des nationalen Prisen- 
gerichts. 
Die Gesetzgebung der nehmenden Kriegsmacht hat darüber zu ent- 
scheiden, ob -der Rekurs nach der Entscheidung in erster oder in 
zweiter Instanz zuzulassen ist. Haben aber die nationalen Gerichte 
binnen zwei Jahren nach der Wegnahme keine endgültige Entscheidung 
gefällt, so kann der Prisenhof unmittelbar angerufen werden (Art.6). 
Der Rekurs kann darauf gestützt werden, daß die Entscheidung 
in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht unrichtig war (Art.3); 
er entspricht also etwa der deutschen Berufung. 
2. Der Rekurs ist unbedingt zulässig, wenn es sich um neutrales, bedingt 
zulässig, wenn es sich um feindliches Eigentum handelt, 
3) Vgl. Heymann, D.J. Z. XIX 1047; v. Dassel, D.J. 2. XXI 575. 
4)Hold v. Fernecok 31.
	        
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