372 Vertrag zwischen Preußen usw. und der Türkei vom 30. März 1856. _
hinzufügen würde, würdigen, haben sie ihn eingeladen, Bevollmächtigte zum
Kongress zu senden.
In Folge dessen haben Se. Majestät der König von Preussen zu Bevollmäch-
tigten ernannt: den Herrn Otto Theodor Freiherrn von Manteuffel, Ihren Minister-
Präsidenten und Minister der auswärtigen Angelegenheiten ...... ‚ und den
Herrn Maximilian Friedrich Karl Franz Grafen von Hatzfeldt-Wildenburg-Schoen-
stein, Ihren Wirklichen Geheimen Rath, Ihren ausserordentlichen dten
und bevollmächtigten Minister am Französischen Hofe ......
Die Bevollmächtigten haben sich nach Austausch ihrer in guter und ge-
höriger Form befundenen Vollmachten über folgende Artikel verständigt:
Art. 1. Von dem Tage der Auswechselung der Ratifikationen des -
wärtigen Vertrages an wird auf ewige Zeiten Friede und Freundschaft bes then
zwischen Sr. Majestät dem Kaiser der Franzosen, Ihrer Majestät der Königin des
vereinigten Königreiches von Grossbritannien und Irland, Sr. Majestät dem Könige
von Sardinien, Sr. Kaiserlichen Majestät dem Sultan einerseits, und Sr. Majestät
dem Kaiser aller Reussen andererseits, sowie zwischen ihren Erben und Nach-
folgern, ihren Staaten und respektiven Unterthanen.
Art. 2. Da der Friede zwischen den genannten Majestäten glücklich her-
Bestellt worden ist, so werden die während des Krieges besetzten oder eroberten
erritorien von beiden Theilen geräumt werden. Spezielle Uebereinkommen
nerden die Art der Räumung ordnen, die so schnell, als es sich thun lässt, statt-
en soll.
Art. 3. Se. Majestät der Kaiser aller Reussen verpflichtet sich, Sr. Majestät
dem Sultan die Stadt und Citadelle von Kars, sowie die anderen Punkte des Otto-
manischen Gebietes, wieder zurückzuerstatten, in deren Besitz sieh die Russischen
Truppen befinden.
Art. 4. Ihre Majestäten der Kaiser der Franzosen, die Königin des ver-
einigten Königreiches von Grossbritannien und Irland, der König von Sardinien
und der Sultan verpflichten sich, Sr. Majestät dem Kaiser aller Reussen die
Städte und Häfen von Sebastopol, Balaklava, Kamiesch, Eupatoris, Kertsch,
Jenikale, Kinburn und alle anderen Punkte zurückzugeben, die im Besitze der
alliirten Truppen sind.
Art. 5. Ihre Majestäten der Kaiser der Franzosen, die Königin des ver-
einigten Königreiches von Grossbritannien und Irland, der Kaiser aller Reussen,
der König von Sardinien und der Sultan ertheilen denjenigen ihrer Unterthanen,
welche sich durch irgend welche Betheiligung an den Kriegsereignissen zu Gunsten
des Gegners kompromittirt haben, volle Amnestie.
Man ist ausdrücklich übereingekommen, dass diese Amnestie sich auf die-
jenigen Unterthanen der kriegführenden Parteien erstrecken soll, welohe während
des Krieges ihr früheres Dienstverhältniss bei einem der andern Kriegführenden
fortgesetzt haben.
Art. 6. Die Kriegsgefangenen werden sofort gegenseitig ausgeliefert.
Art. 7. Se. Majestät der König von Preussen, Se. Majestät der Kaiser von
Oesterreich, Se. Majestät der Kaiser der Franzosen, Ihre Majestät die Königin
des vereinigten Königreiches von Grossbritannien und Irland, Se. Majestät der
Kaiser aller Reussen und Se. Majestät der König von Sardinien erklären die hohe
Pforte theilhaftig der Vortheile des öffentlichen Europäischen Rechts und des
Europäischen Concerts. Ihre Majestäten verpflichten sich, die Unabhängigkeit
und den Territorialbestand des Ottomanischen Reiches z@& achten, garantiren
gemeinschaftlich die genaue Beobachtung dieser Verpflichtung und werden dem-
gemäss jeden Akt, welcher dem entgegen wäre, als eine Frage des allgemeinen
Interesses ansehen.
Art. 7. Wenn zwischen der hohen Pforte und einer oder mehreren der
anderen kontrahirenden Mächte Meinungsverschiedenheiten entstehen, welche
ihre Beziehungen zu stören drohen, so wird die Pforte und jede dieser Mächte
vor Anwendung von Gewaltmaassregeln die anderen kontrahirenden Mächte in
den Stand setzen, diesem Aeussersten durch ihre Vermittelung vorzubeugen.
Art. 9. Nachdem Se. Kaiserliche Majestät der Sultan in seiner beständi
Fürsorge für das Wohl seiner Unterthanen einen Firman erlassen hat, welcher