390 Vertrag zwischen Deutschland usw. und der Türkei vom 13. Juli 1878.
und Gebräuche eingeführt sind, sollen in voller Kraft bleiben, so lange sie nicht
mit Zustimmung der dazu berufenen Betheiligten abgeändert werden.
Art. 9. Die Höhe des jährlichen Tributes, welchen das Fürstenthum Bul-
garien dem Oberherrlichen Hofe durch Zahlung an die von der Hohen Pforte
später zu bezeichnende Bank zu entrichten hat, wird durch Vereinbarung der
Signatarmächte des gegenwärtigen Vertrages am Schlusse des ersten Jahres der
Wirksamkeit der neuen Organisation bestimmt werden. Dieser Tribut wird nach
dem mittleren Ertrage des Gebietes des Fürstenthums festgesetzt werden.
* Da Bulgarien einen Theil der öffentlichen Schuld des Reichs zu tragen hat,
so werden die Mächte bei Feststellung dieses Tributs denjenigen Theil dieser
Schuld in Betracht ziehen, welcher dem Fürstenthum auf der Grundlage eines
billigen Verhältnisses aufzulegen sein würde.
Art. 10. Bulgarien übernimmt vom Tage der Auswechselung der Ratifi-
kations-Urkunden zu dem gegenwärtigen Vertrage ab an Stelle der Kaiserlich
ottomanischen Regierung deren Lasten und Verpflichtungen gegenüber der
Rustschuk-Varnaer Eisenbahngesellschaft; die Begleichung der früheren Rech-
nungen wird einer Vereinbarung zwischen der Hohen Pforte, der Regierung des
Fürstenthums und der Verwaltung dieser Gesellschaft vorbehalten.
Das Fürstenthum Bulgarien übernimmt gleichfalls, für seinen Theil, an
Stelle der Hohen Pforte, die Verpflichtungen, welche dieselbe sowohl gegenüber
Oesterreich-Ungarn als gegenüber der Gesellschaft für den Betrieb der Eisen-
bahnen der europäischen Türkei bezüglich des Ausbaues, des Anschlusses und des
Betriebes der auf bulgarischem Gebiete gelegenen Bahnen eingegangen ist.
Die zur Regelung dieser Fragen nothwendigen Uebereinkommen werden
zwischen Oesterreich-Ungarn, der Pforte, Serbien und dem Fürstenthum Bul-
garien unmittelbar nach dem Abschluss des Friedens getroffen werden.
Art. 11. Die ottomanische Armee darf nicht länger in Bulgarien verbleiben ;
alle bisherigen Festungen sind, auf Kosten des Fürstenthums, innerhalb eines
Jahres oder womöglich früher zu schleifen; die Landesregierung hat sofort die
zu deren Entfestigung nöthigen Massregeln zu ergreifen und darf neue Festungen
nicht anlegen. Die Hohe Pforte hat das Recht, nach Gutdünken über das Kriegs-
material und über andere, der ottomanischen Regierung gehörige Gegenstände
zu verfügen, welche in den gemäss dem Waffenstillstande vom 31. Januar bereits
geräumten Donaufestungen etwa zurückgeblieben sind, desgleichen über solche,
welche sich in den festen Plätzen Schumla und Varna befinden sollten.
Art. 12. Grundeigenthümer, muselmännische oder andere, welche ihren
persönlichen Aufenthalt ausserhalb des Fürstenthums nehmen sollten, können
ihren Grundbesitz im Fürstenthum behalten, indem sie ihn verpachten oder durch
Dritte verwalten lassen.
Eine türkisch-bulgarische Kommission hat innerhalb zweier Jahre alle An-
gelegenheiten zu regeln, welche Bezug haben auf die Art der Veräusserung, der
Benutzung oder des Gebrauches der Staatsgüter und frommen Stiftungen (Vakufs)
für Rechnung der Hohen Pforte, desgleichen die Fragen, welche die etwa hierbei
berührten Interessen von Privaten betreffen sollten.
Die Angehörigen des Fürstenthums Bulgarien, welche in anderen Theilen
des Ottomanischen Reichs reisen oder sich aufhalten sollten, sind den ottome-
nischen Behörden und Gesetzen unterworfen.
Art. 13. Südlich vom Balkan wird eine Provinz gebildet, welche den Namen
Ost-Rumelien führen und unter der unmittelbaren politischen und militärischen
Autorität Sr. Kaiserlichen Majestät des Sultans, jedoch mit administrativer
Autonomie, verbleiben wird. Sie wird einen christlichen General-Gouverneur
erhalten.
Art. 14. Ost-Rumelien wird im Norden und Nordwesten durch Bulgarien
begrenzt und umfasst die in folgender Linie eingeschlossenen Gebiete:
Von dem Schwarzen Meere ausgehend, steigt die Grenzlinie von der Mün-
dung des Baches, in dessen Nähe die Dörfer Hodzakiöj, Selam Kiöj, Aivadsik,
Kulibe, Sudzuluk liegen, den Thalweg desselben hinauf, durchschneidet quer
das Thal des Deli Kamtik, geht südlich an Belibe und Kemhalik und nördlich