4341 Schlußakte der Haager Friedenskonferenz vom 29. Juli 1889.
Dienste oder die Vermittelung einer befreundeten Macht oder mehrerer befreun-
deter Mächte anzurufen, soweit dies die Umstände gestatten werden.
Art.3. Unabhängig hiervon halten die Signatarmächte es für nützlich,
dass eine Macht oder mehrere Mächte, die am Streite nicht betheiligt sind, aus
eigenem Antriebe den im Streite befindlichen Staaten ihre guten Dienste oder
ihre Vermittelung anbieten, soweit sich die Umstände bierfür eignen.
Das Recht, gute Dienste oder Vermittelung anzubieten, steht den am Streite
nicht betheiligten Staaten auch während des Ganges der Feindseligkeiten zu.
Die Ausübung dieses Rechtes kann niemals von einem der streitenden
Theile als unfreundliche Handlung angesehen werden.
Art.4. Die Aufgabe des Vermittelers besteht darin, die einander entgegen-
gesetzten Ansprüche auszugleichen und Verstimmungen zu beheben, die zwischen
den im Streite befindlichen Staaten etwa entstanden sind.
Art.5. Die Thätigkeit des Vermittelers hört auf, sobald, sei es durch einen
der streitenden Theile, sei es durch den Vermitteler selbst festgestellt wird, dass
die von diesem vorgeschlagenen Mittel der Verständigung nicht angenommen
werden.
Art.6. Gute Dienste und Vermittelung, seien sie auf Anrufen der im Streite
befindlichen Theile eingetreten oder aus dem Antriebe der am Streite nicht be-
theiligten Mächte hervorgegangen, haben ausschliesslich die Bedeutung eines
Rathes und niemals verbindliche Kraft.
Art.7. Die Annahme der Vermittelung kann, unbeschadet anderweitiger
Vereinbarung, nicht die Wirkung haben, die Mobilmachung und andere den Krieg
vorbereitende Massnahmen zu unterbrechen, zu verzögern oder zu hemmen.
Erfolgt sie nach Eröffnung der Feindseligkeiten, so werden von ihr, un-
beschadet anderweitiger Vereinbarung, die im Gange befindlichen militärischen
Unternehmungen nicht unterbrochen.
Art.8. Die Signatarmächte sind einverstanden, unter Umständen, die
dies gestatten, die Anwendung einer besonderen Vermittelung in folgender Form
zu empfehlen:
Bei ernsten, den Frieden gefährdenden Streitfragen, wählt jeder der im
Streite befindlichen Staaten eine Macht, die er mit der Aufgabe betraut, in un-
mittelbare Verbindung mit der von der anderen Seite gewählten Macht zu treten,
um den Bruch der friedlichen Beziehungen zu verhüten.
Während der Dauer dieses Auftrags, die, unbeschadet anderweitiger Ab-
rede, eine Frist von dreissig Tagen nicht überschreiten darf, stellen die streitenden
Staaten jedes unmittelbare Benehmen über den Streit ein, welcher als ausschliess-
lich den vermittelnden Mächten übertragen gilt. Diese sollen alle Bemühungen
aufwenden, um die Streitfrage zu erledigen.
Kommt es zum wirklichen Bruche der friedlichen Beziehungen, so bleiben
diese Mächte mit der gemeinsamen Aufgabe betraut, jede Gelegenheit zu benutzen,
um den Frieden wiederherzustellen.
Dritter Titel. Internationale Untersuchungskommissionen.
Art.9. Bei internationalen Streitigkeiten, die weder die Ehre noch wesent-
liche Interessen berühren und einer verschiedenen Würdigung von Thatsachen
entepringen, erachten die Signatarmächte es für nützlich, dass die Parteien, die
sioh auf diplomatischem Wege nicht haben einigen können, soweit es die Um-
stände gestatten, eine internationale Untersuchungskommission einsetzen mit
dem Auftrage, die Lösung dieser Streitigkeiten zu erleichtern, indem sie durch
eine unparteiische und gewissenhafte Prüfung die Thatfragen aufklären.
Art.10. Die internationalen Untersuchungskommissionen werden durch
besonderes Abkommen der streitenden Theile gebildet.
Das Untersuchungsabkommen bestimmt die zu untersuchenden Thatsachen
und den Umfang der Befugnisse der Kommissare.
Es regelt das Verfahren.
Die Untersuchung erfolgt kontradiktorisch.