L Konvention (Erledigung internationaler Streitigkeiten) vom 29. Juli 1899. 439
Art.48. Das Schiedsgericht ist befugt, seine Zuständigkeit zu bestimmen,
indem es den Schiedsvertrag sowie die sonstigen Staatsvorträge, die für den Gegen-
stand ‚ageführt werden können, auslegt und die Grundsätze des Völkerrechts
anwendet.
Art.49. Dem Schiedsgerichte steht ee zu, auf das Verfahren bezügliche
Anordnungen zur Leitung der Streitsache zu erlassen, die Formen und Fristen
zu bestimmen, in denen jede Partei ihre Anträge zu stellen hat, und zu allen Förm-
lichkeiten zu schreiten, welche die Beweisaufnahme mit sich bringt.
Art. 50. Nachdem die Agenten und die Rechtsbeistände der Parteien alle
Aufklärungen und Beweise zu Gunsten ihrer Sache vorgetragen haben, spricht
der Vorsitzende den Schluss der Verhandlung aus,
Art.51l. Die Berathung des Schiedsgerichts erfolgt geheim.
' 3 ede Entscheidung ergeht nach der Mehrheit der Mitglieder des Schieds-
gerichts.
Die Weigerung eines Mitglieds, an der Abstimmung Theil zu nehmen, muss
im Protokolle festgestellt werden.
Art. 52. Der nach Stimmenmehrheit erlassene Schiedsspruch ist mit Gründen
zu versehen. Er wird schriftlich abgefasst und von jedem Mitgliede des Schieds-
gerichts unterzeichnet. |
Die in der Minderheit gebliebenen Mitglieder können bei der Unterzeichnung
die Verweigerung ihrer Zustimmung feststellen.
Art.53. Der Schiedsspruch wird in öffentlicher Sitzung des Schiedsgeriohts
verlesen, sofern die Agenten und die Rechtsbeistände der Parteien anwesend
sind oder gehörig geladen waren.
Art.54. Der gehörig verkündete und den Agenten der streitenden Theile
zugestellte Schiedsspruch entscheidet das Streitverhältniss endgültig und mit
Ausschliessung der Berufung.
Art.55. Die Parteien können sich im Schiedsvertrage vorbehalten, die
Nachprüfung (Revision) des Schiedsspruchs zu beantragen.
Der Antrag muss in diesem Falle, unbeschadet anderweitiger Vereinbarung,
bei dem Schiedsgericht angebracht werden, das den Spruch erlassen hat.
kann nur auf die Ermittelung einer neuen Thatsache gegründet werden, die einen
entscheidenden Einfluss auf den Spruch auszuüben geeignet gewesen wäre und
bei Schluss der Verhandlung dem Schiedagerichte selbst und der Partei, welche
die Nachprüfung beantragt hat, unbekannt war.
Das Nachprüfungsverfahren kann nur eröffnet werden durch einen Beschluss
‚des Schiedsgerichte, der das Vorhandensein der neuen Thatsache ausdrücklich
feststellt, ihr die im vorangehenden Absatze bezeichneten Merkmale zuerkennt
und den Antrag insoweit für zulässig erklärt.
Der Schiedsvertrag bestimmt die Frist, innerhalb deren der Nachprüfungs-
antrag gestellt werden muss.
Art.56. Der Schiedsspruch bindet nur die Parteien, die den Schiedsvertrag
geschlossen haben.
Wenn es sich um die Auslegung eines Abkommens handelt, an dem sich
noch andere Mächte betheiligt haben, als die streitenden Theile, so geben diese
ihnen von dem Schiedsvertrage, den sie geschlossen haben, Kenntniss. Jede dieser
Mächte hat das Recht, sich an der Streitsache zu betheiligen, Wenn eine oder
mehrere von ihnen von dieser Berechtigung Gebrauch gemacht haben, so ist die
in dem Schiedsspruch enthaltene Auslegung auch in Ansehung von ihnen bindend.
Art. 67. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Schieds-
gerichte zu gleichem Antheile.
Allgemeine Bestimmungen,
Art. 58. Dieses Abkommen soll sobald wie möglich ratifizirt werden.
Die Ratifikationsurkunden sollen im Haag hinterlegt werden.
Ueber die Hinterlegung einer jeden Ratifikationsurkunde soll ein Protokoll
aufgenommen werden; von diesem soll eine beglaubigte Abschrift auf diploma-
tischem Wege allen Mächten mitgetheilt werden, die auf der internationalen
Friedenskonferenz im Haag vertreten gewesen sind.