II. Konvention (Landkrieg) vom 29. Juli 1829. 445
Art.24. Kriegslisten und die Anwendung der nothwendigen Mittel, um
sich Nachrichten über den Gegner und das Gelände zu verschaffen, sind erlaubt.
Art.25. Es ist verboten, unvertheidigte Städte, Dörfer, Wohnungen oder
Gebäude anzugreifen oder zu bombardiren.
Art.26. Der Befehlshaber eines Belagerungsheers soll vor Beginn des Bom-
bardements, den Fall eines- Sturmangriffs ausgenommen, alles thun, soweit es
in seinen Kräften steht, um die Ortsobrigkeit davon zu benachrichtigen.
Art.27. Bei Belagerungen und Bombardements sollen alle erforderlichen
Massregeln getroffen worden, um die dem Gottesdienste, der Kunst, der Wissen-
schaft und der Wohlthätigkeit gewidmeten Gebäude, sowie die Krankenhäuser
und Sammelplätze für Kranke und Verwundete so viel wie möglich zu schonen,
vorausgesetzt, dass sie nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zwecke Ver-
wendung finden.
Pflicht der Belagerten ist es, diese Gebäude oder Sammelplätze mit beson-
deren sichtbaren Zeichen zu versehen und diese vorher dem Belagerer bekannt-
zugeben.
Art.28. Es ist verboten, Städte oder Ansiedelungen, selbst wenn sie im
Sturme genommen sind, der Plünderung preiszugeben.
Zweites Kapitel. Spione.
. Art.29. Spion ist, wer heimlich oder unter falschem Vorwand in dem
Operationsgebiet einer Kriegspartei Nachrichten einzieht oder einzuziehen sucht,
in der Absicht, sie der Gegenpartei mitzutheilen.
Demgemäss sind Militärpersonen in Uniform, die in das ÖOperationsgebiet
des feindlichen Heeres eingedrungen sind, um sich Nachrichten zu verschaffen,
nicht als Spione zu betrachten. Desgleichen gelten nicht als Spione: Militärper-
sonen und Nichtmilitärpersonen, die offen den ihnen ertheilten Auftrag, Mit-
tBeilungen an ihr eigenes oder an das feindliche Heer zu überbringen, ausführen.
Dabhin gehören ebenfalls die Personen, die in Luftschiffen befördert werden, um
Nachrichten zu überbringen oder um überhaupt Verbindungen zwischen den
verschiedenen Theilen eines Heeres oder eines Gebiets aufrecht zu erhalten.
Art.30. Der auf frischer That ergriffene Spion kann nicht ohne voraus-
gegangenes Urtheil bestraft werden.
Art.31. Ein Spion, der zu seinem Heere zurückgekehrt ist und später vom
Feinde gefangen genommen wird, ist als Kriegsgefangener zu behandeln und
kann für früher begangene Spionage nicht verantwortlich gemacht werden.
Drittes Kapitel. Parlamentäre.
Art.32. Parlamentär ist, wer von einer der Kriegsparteien bevollmächtigt
ist, in Unterhandlungen mit der anderen Partei zu treten, und sich mit der weissen
Fahne zeigt. Er ist unverletzlich, ebenso der ihn begleitende Trompeter, Hornist
oder Trommler, Fahnenträger und Dolmetscher.
Art. 33. Der Befehlshaber, zu dem ein Parlamentär gesandt wird, ist nicht
verpflichtet, ihn unter allen Umständen zu empfangen.
Er kann alle erforderlichen Massregeln ergreifen, um den Parlamentär zu
verhindern, seine Sendung zur Einziehung von Nachrichten zu benutzen.
Er ist berechtigt, bei vorkommendem Missbrauche den Parlamentär zeit-
weilig zurückzuhalten.
Art.34. Der Parlamentär verliert sein Recht der Unverletzlichkeit, wenn
der bestimmte, unwiderlegbare Beweis vorliegt, dass er seine bevorrechtigte Stel-
tung dazu benutzt hat, um Verrath zu üben oder dazu anzustiften.
Viertes Kapitel. Kapitulationen.
Art.35. Die zwischen den verhandelnden Parteien vereinbarten Kapitula-.
tionen sollen den Forderungen der militärischen Ehre Rechnung tragen.
Einmal abgeschlossen, sollen sie von beiden Parteien gewissenhaft beobachtet
werden. -Fünftes Kapitel. Waffenstillstand.
Art.36. Der Waffenstillstand unterbricht die Kriegsunternehmungen kraft
eines wechselseitigen Uebereinkommens der Kriegsparteien. Ist eine bestimmte