458 Schlußakte der Zweiten internationalen Friedenskonferenz (1907).
Art.25. Die Zeugen und die Sachverständigen werden durch die Kommission
auf Antrag der Parteien oder von Amts wegen geladen, und zwar in allen Fällen
durch Vermittelung der Regierung des Staates, in dem sie sich befinden.
Die Zeugen werden nacheinander und jeder für sich in Gegenwart der
Agenten und Rechtebeistände und in der von der Kommissinn bestimmten Reihen-
folge vernommen.
Art.26. Die Vernehmung der Zeugen erfolgt durch den Vorsitzenden.
. Doch dürfen die Mitglieder der Kommission an jeden Zeugen die Fragen
richten, die sie zur Erläuterung oder Ergänzung seiner Aussage oder zu ihrer
Aufklärung über alle den Zeugen betreffenden Umstände für zweckdienlich er-
achten, soweit es zur Ermittelung der Wahrheit notwendig ist.
Die Agenten und die Rechtebeistände der Parteien dürfen den Zeugen in
seiner Aussage nicht unterbrechen, noch irgend eine unmittelbare Anfrage an ihn
richten; sie können aber den Vorsitzenden bitten, ergänzende Fragen, die sie für
nützlich halten, dem Zeugen vorzulegen.
Art.27. Dem Zeugen ist es bei seiner Aussage nicht gestattet, einen ge-
schriebenen Entwurf zu verlesen. Doch kann er von dem Vorsitzenden ermächtigt
werden, Aufzeichnungen oder Urkunden zu benutzen, wenn die Natur der zu
bekundenden Tatsachen eine solche Benutzung erheischt.
Art.28. Über die Aussage des Zeugen wird während der Sitzung ein Proto-
koll aufgenommen, das dem Zeugen vorgelesen wird. Der Zeuge darf dazu die
ihm gut scheinenden Änderungen und Zusätze machen, die am Schlusse seiner
Aussage vermerkt werden.
Nachdem dem Zeugen seine ganze Aussage vorgelesen ist, wird er zur Unter-
zeichnung aufgefordert.
Art.29. Die Agenten sind befugt, im Laufe oder am Schlusse der Unter-
suchung der Kommission und der Gegenpartei solche Ausführungen, Anträge oder
Sachdarstellungen schriftlich vorzulegen, die sie zur Ermittelung der Wahrheit
für nützlich halten.
Art. 30. Die Beratung der Kommission erfolgt nicht öffentlich und bleibt
geheim.
Jede Entscheidung ergeht nach der Mehrheit der Mitglieder der Kommission.
Die Weigerung eines Mitglieds, an der Abstimmung teilzunehmen, muß
im Protokolle festgestellt werden.
Art.3]. Die Sitzungen der Kommission sind nur öffentlich und die Proto-
kolle und Urkunden der Untersuchung werden nur veröffentlicht auf Grund eines
mit Zustimmung der Parteien gefaßten Kommissionsbeschlusses.
Art. 32. Nachdem die Parteien alle Aufklärungen und Beweise vorgetragen
haben und nachdem alle Zeugen vernommen worden sind, spricht der Vorsitzende
den Schluß der Untersuchung aus; die Kommission vertagt sich, um ihren Bericht
zu beraten und abzufassen.
Art.33. Der Bericht wird von allen Mitgliedern der Kommission unter-
zeichnet.
Verweigert ein Mitglied seine Unterschrift, so wird dies vermerkt; der Bericht
bleibt gleichwohl gültig.
Art. 34. Der Bericht der Kommission wird in öffentlicher Sitzung in Gegen-
wart oder nach gehöriger Ladung der Agenten und Rechtsbeistände der Parteien
verlesen.
Jeder Partei wird eine Ausfertigung des Berichte zugestellt.
Art.35. Der Bericht der Kommission, der sich auf die Feststellung der
Tatsachen beschränkt, hat in keiner Weise die Bedeutung eines Schiedsspruchs.
Er läßt den Parteien volle Freiheit in Ansehung der Folge, die dieser Feststellung
zu geben ist.
Art. 36. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten selbst und die Kosten der
Kommission zu gleichem Anteile.