Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

504 Schlußakte der Zweiten Internationalen Friedenskonferenz (1907). 
Art.1. Die Kriegführenden sind verpflichtet, die Hoheitsrechte der neutralen 
Mächte zu achten und sich in deren Gebiet und Gewässern jeder Handlung zu 
enthalten, welche auf seiten der Mächte, die sie dulden, eine Verletzung ihrer 
Neutralität darstellen würde. 
Art.2. Alle von Kriegsschiffen der Kriegführenden innerhalb der Küsten- 
ewässer einer neutralen Macht begangenen Feindseligkeiten, mit Einschluß der 
W me und der Ausübung des Durchsuchungsrechts, stellen eine Neutralitäts- 
verletzung dar und sind unbedingt untersagt. 
Art.3. Ist ein Schiff innerhalb der Küstengewässer einer neutralen Macht 
weggenommen worden, so hat diese Macht, sofern sich die Prise noch in ihrem 
Hoheitebereiche befindet, die ihr zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden, 
um die Befreiung der Prise mit ihren Offizieren und ihrer Mannschaft herbeizu- 
führen und die von dem Wegnehmenden auf die Prise gelegte Besatzung bei sich 
festzuhalten. . . 
Befindet sich die Prise außerhalb des Hoheitsbereichs der neutralen Macht, 
so hat auf Verlangen dieser Macht die nehmende Regierung die Prise mit ihren 
Offizieren und ihrer Mannschaft freizugeben. 
Art.4. Von einem Kriegführenden darf auf neutralem Gebiet oder auf 
einem Schiffe in neutralen Gewässern kein Prisengericht gebildet werden. 
Art.5. Den Kriegführenden ist es untersagt, neutrale Häfen oder Gewässer 
zu einem Stützpunkte für Seekriegsunternehmungen gegen ihre Gegner zu machen, 
insbesondere dort funkentelegraphische Stationen oder sonst irgend eine Anlage 
einzurichten, die bestimmt ist, einen Verkehr mit den kriegführenden Land- 
oder Seestreitkräften zu vermitteln. 
Art.6. Die von einer neutralen Macht an eine kriegführende Macht aus 
irgendwelchem Grunde unmittelbar oder mittelbar bewirkte Abgabe von Kriegs- 
schiffen. Munition oder sonstigem Kriegsmaterial ist untersagt. 
Art.7. Eine neutrale Macht ist nicht verpflichtet, die für Rechnung des 
einen oder des anderen Kriegführenden erfolgende Ausfuhr oder Durchfuhr von 
Waffen, von Munition sowie überhaupt von allem, was einem Heere oder einer 
Flotte von Nutzen sein kann, zu verhindern, 
Art.8. Eine neutrale Regierung ist verpflichtet, die ihr zur Verfügung 
stehenden Mittel anzuwenden, um in ihrem Hoheitsbereiche die Ausrüstung oder 
Bewaffnung jedes Schiffes zu verhindern, bei dem sie triftige Gründe für die An- 
nahme hat, daß es zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unternehmungen 
gegen eine Macht, mit der sie im Frieden lebt, bestimmt ist. Sie ist ferner ver- 
pflichtet, dieselbe Überwachung auszuüben, um zu verhindern, daß aus ihrem 
oheitsbereich irgend ein zum Kreuzen oder zur Teilnahme an feindlichen Unter- 
nehmungen bestimmtes Schiff ausläuft, das innerhalb ihres Hoheitsbereichs ganz 
oder teilweise zum Kriegsgebrauche hergerichtet worden ist. 
Art.9. Eine neutrale Macht muß die Bedingungen, Beschränkungen oder 
Verbote, die sie für die Zulassung von Kriegsschiffen oder Prisen der ieg- 
führenden in ihre Häfen, Reeden oder Küstengewässer aufgestellt hat, auf beide 
Kriegführende gleichmäßig anwenden. 
Doch kann eine neutrale Macht den Zutritt zu ihren Häfen und ihren Reeden 
einem Kriegsschiffe untersagen, das sich den von ihr ergangenen Aufforderungen 
und Anweisungen nicht gefügt oder die Neutralität verletzt hat. 
Art. 10. Die Neutralität einer Macht wird durch die bloße Durchfahrt 
der Kriegsschiffe und Prisen der Kriegführenden durch ihre Küstengewässer 
nicht beeinträchtigt. 
Art. 11. Eine neutrale Macht darf zulassen, daß die Kriegsschiffe der Krieg- 
führenden sich ihrer bestallten Lotsen bedienen. 
Art. 12. Sofern die Gesetzgebung der neutralen Macht nicht anderweitige 
besondere Bestimmungen enthält, ist es den Kriegsschiffen ‘der Kriegführenden, 
abgesehen von den in diesem Abkommen vorgesehenen Fällen, untersagt, sich 
innerhalb der Häfen, Reeden oder Küstengewässer einer solchen Macht länger 
als vierundzwanzig Stunden aufzuhalten. 
Art.13. Erfährt eine Macht, die vom Beginne der Feindseligkeiten benach- 
richtigt ist, daß sich innerhalb ihrer Häfen, Reeden oder Küstengewässer ein
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.