506 Schlußakte der Zweiten Internationalen Friedenskonferermz (1907).
Art. 22. Die neutrale Macht muß ebenso die Befreiung solcher Prisen herbei-
führen, die bei ihr eingebracht worden sind, ohne daß die im Ärtikel 21 vorgesehenen
Voraussetzungen vorliegen. .
Art.23. Eine neutrale Macht kann Prisen, sei es mit, sei eg ohne Begleitung,
. den Zutritt zu ihren Häfen und Reeden gestatten, wenn sie dorthin gebracht
werden, um bis zur Entscheidung des Prisengerichts in Verwahrung gehalten
zu werden, Sie kann die Prise in einen anderen ihrer Häfen führen lassen.
Wenn die Prise von einem Kriegsschiffe begleitet wird, so sind die von dem
Wegnehmenden auf die Prise gelegten Offiziere und Mannschaften befugt, sich
auf das begleitende Schiff zu begeben.
Fährt die Prise allein, so ist die von dem Wegnehmenden auf die Prise ge-
legte Besatzung in Freiheit zu lassen.
Art.24. Wenn Kriegsschiffe von Kriegführenden einen Hafen, wo sie zu
bleiben nicht berechtigt sind, trotz der Aufforderung der neutralen Behörde nicht
verlassen, so hat die neutrale Macht das Recht, die ihr erforderlich scheinenden
Maßnahmen zu treffen, um ein solches Schiff unfähig zu machen, während der
Dauer des Krieges in See zu gehen; der Befehlshaber des Schiffes soll die Aus-
führung dieser Maßnahmen erleichtern.
Werden Kriegsschiffe von Kriegführenden durch eine neutrale Macht fest-
gehalten, so werden die Offiziere und die Mannschaft gleichfalls festgehalten.
Die so festgehaltenen Offiziere und Mannschaften können auf dem Schiffe
gelassen oder auf einem anderen Schiffe oder an Land untergebracht werden;
sie können beschränkenden Maßregeln, deren Auferlegung nötig erscheint, unter-
worfen werden. Doch sind auf dem Schiffe immer die zu seiner Instandhaltung
notwendigen Leute zu belassen.
Die Offiziere können frei gelassen werden, wenn sie sich durch Ehrenwort
verpflichten, das neutrale Gebiet nicht ohne Erlaubnis zu verlassen.
Art.25. Eine neutrale Macht ist verpflichtet, nach Maßgabe der ihr zur
Verfügung stehenden Mittel die erforderliche Aufsicht auszuüben, um innerhalb
ihrer Häfen, Reeden und Gewässer jede Verletzung der vorstehenden Bestimmungen
zu verhindern.
Art.26. Die Ausübung der in diesem Abkommen festgestellten Rechte
durch eine neutrale Macht darf niemals von dem einen oder dem anderen Krieg-
führenden, der die in Betracht kommenden Artikel angenommen hat, als un-
freundliche Handlung angesehen werden.
Art.27. Die Vertragsmächte werden einander zu gegebener Zeit alle Ge-
setze, Verordnungen und sonstigen Bestimmungen über die Behandlung der
Kriegsschiffe von Kriegführenden in ihren Häfen und ihren Gewässern mitteilen,
und zwar mittels einer an die Regierung der Niederlande gerichteten Benach-
richtigung, die von dieser unverzüglich allen anderen Vertragsmächten über-
mittelt wird.
Art.28. Die Bestimmungen dieses Abkommens finden nur zwischen den
Vertragsmächten Anwendung und nur dann, wenn die Kriegführenden sämtlich
Vertragsparteien sind.
Art.29. Dieses Abkommen soll möglichst bald ratifiziert werden.
Die Ratifikationsurkunden sollen im Haag hinterlegt werden.
Die erste Hinterlegung von Ratifikationsurkunden wird durch ein Protokoll
festgestellt, das von den Vertretern der daran teilnehmenden Mächte und von
dem Niederländischen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten unterzeichnet wird.
Die späteren Hinterlegungen von Ratifikationsurkunden erfolgen mittels
einer schriftlichen, an die Regierung der Niederlande gerichteten Anzeige, der
die Ratifikationsurkunde beizufügen ist.
Beglaubigte Abschrift des Protokolls über die erste Hinterlegung von Rati-
fikationsurkunden, der im vorstehenden Absatz erwähnten Anzeigen sowie der
Ratifikationsurkunden wird durch die Regierung der Niederlande den zur Zweiten
Friedenskonferenz eingeladenen Mächten sowie den anderen Mächten, die dem
Abkommen beigetreten sind, auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden. In
den Fällen des vorstehenden Absatzes wird die bezeichnete Regierung ihnen
zugleich bekanntgeben, an welchem Tage sie die Anzeige erhalten hat.