44 I. Buch. Die Rechtssubjekte des völkerrechtlichen Staatenverbands.
diese Erklärung geschaffen worden. Während des Weltkriegs bot
die Frage nach der Entstehung des neuen Königreichs Polen besondere
Schwierigkeiten. Durch die Proklamation der Mittelmächte vom 5.No-
vember 1906 wurde der neue Staat verheißen, aber nicht geschaffen;
dieser setzt das Vorhandensein einer, wenn auch nur vorläufigen, selb-
ständigen Staatsgewalt (Regent und Staatsrat) voraus).
b) Es ist möglich, daß der Staat in einem von ihm bereits erworbe-
nen Gebiet einzelnen Personen oder Privatgesellschaften die Ausübung
von Hoheitsrechten, insbesondere das Recht der Kriegführung, in seinem
Namen widerruflich überläßt. Dann sind und bleiben diese Gebiete
aber Teile des Mutterlandes und werden völkerrechtlich durch dieses
vertreten. Umgekehrt bedeutet die Erteilung eines Schutzbriefes an eine
Kolonisationsgesellschaft die Übernahme der Staatsgewalt durch das
Mutterland, sei es auf derivativem, sei eg auf originärem Wege.
So wurde der deutschen Neu-Guinea-Kompagnie durch die kaiser-.
lichen Schutzbriefe vom 17. Mai 1885 und 13. Dezember 1886 die Aus-
übung der Staatshoheitsrechte, mit Ausnahme der Rechtspflege, über-
tragen; durch die Verordnung vom 27.März 1899 ist die Staatsverwal-
tung vollständig von dem Deutschen Reich übernommen worden.
3. Die aufständischen Parteien, auch wenn sie einen Teil
des Staatsgebietes unter ihre Herrschaft gebracht haben, so lange die
bisherige Staatsgewalt noch fortbesteht. Ihre Anerkennung als krieg-
führende Partei (unten $ 39 II) beschränkt sich auf die Kriegführung
selbst; sic bedeutet nicht, auch nicht einstweilen, ihre Anerkennung als
Staatswesen, die durch die erlangte Unabhängigkeit bedingt ist.
4. Die internationalen Flußkommissionen (unten $18II),
die von manchen Schriftstellern, so von Engelhardt, Geffcken,
v. Holtzendorff, Heilborn, als „Flußstaaten“ aufgefaßt werden.
Wenn man auch das Vorliegen eines, durch den Fluß selbst und seine
Ufer gebildeten Staatsgebiets zur Not konstruieren könnte, so scheitert
doch die ganze Lehre von den „Flußstaaten‘ rettungslos an dem Mangel
eines von der „Staatsgewalt‘‘ beherrschten ‚„Staatsvolkes‘'.
5. Der Papst®°). Seine Stellung ruht auf dem vom Papsttum nicht
angenommenen italienischen Garantiegesetz vom 13. Mai 1871: (Fleisch-
5) v. Liszt, Polnische Blätter 1917 8.279.
6) Vgl. Geffken, H.H. II153. Brusa R.J. XV 134. NysR.J. XXXVII
155. Imbart Latour, La papautö en droit international. 1893. Olivart,
Le pape, les Etats de l’Eglise et l!’Italie. 1897. Chreötien, R.G. VI281. Bom-
pard, R.G. VII369. Cougny, La papaut# en droit internat. public. 1906.
de Taube, La situation internat. actuelle du Pape et l’idee d’un droit entre
pouvoirs. 1908. (Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie 1360, 510.)
de Louter I165. Merignhac II1l9. Nys II297”. Oppenheim 1149.