$ 6. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit. 49
Handelsfreiheit für das ganze Kongobecken festlegte. Hierher gehört
aber auch die dauernde Neutralisierung eines Staates
(unten IV). "
Der Beweis für die fortdauernde Souveränität liegt darin, daß
der verpflichtete Staat der übernommenen Verpflichtung zuwiderhandeln
kann und sich durch dieses Zuwiderhandeln völkerrechtlich verant-
wortlich macht; daß also die gegen die Verpflichtung vorgenommenen
Handlunger. Rechtswirkungen erzeugen.
II. Schwierigkeiten bietet die völkerrechtliche Stellung der Staatenverbin-
dungen, bei welchen neben der Verbindung selbst auch die einzelnen verbun-
denen Gliedstaaten in Betracht kommen.?)
Die Schwierigkeit liegt darin, daß die geschichtlich gegebenen
Erscheinungen sich den von der Wissenschaft aufgestellten Begriffen
nicht immer einordnen lassen und die verschiedensten Gestaltungen
aufweisen. Die staatsrechtliche Lehre pflegt Personal- und Realunion,
Staatenbund und Bundesstaat zu unterscheiden. Die neueste Entwick-
lung der Bündnispolitik wird zu neuen Formen der Staatenverbindungen
führen. Für das Völkerrecht ergibt sich die Notwendigkeit, in jedem
Einzelfall auf die positivrechtliche Organisation des gegebenen staat-
lichen Gebildes einzugehen. Hier können nur allgemeine Fingerzeige
gegeben werden.
1. In der Personalunion hat jeder einzelne der verbundenen Staaten,
nicht aber die Union als solche, völkerrechtliche RBechts- und Handlungs-
fähigkeit.
Die Personalunion wird gebildet durch die zufällige Gemein-
samkeit des monarchischen Staatshauptes. Sie berührt die Selbstän-
digkeit der verbundenen Staatswesen in keiner Weise. Im Verkehr
mit den übrigen Staaten kann jeder der verbundenen Staaten unab-
hängig von dem andern auftreten. Die völkerrechtliche Rechtsfähig-
keit ruht nur bei den einzelnen verbundenen Staaten, nicht bei der
Union.
Beispiele bieten: 1707 bis 26.Mai 1857 Preußen und Neuenburg;
1815 bis 23. Oktober 1890 die Niederlande und Luxemburg; von 1885
bis 1908 Belgien und der Kongostaat; Norwegen und Schweden von der
Mosserkonvention vom 14. August 1814 (Strupp I 124) und der Reichs-
akte vom 6. August 1815 bis zur Lösung der Union durch die Überein-
3) Jellinek, Die Lehre von den Staatenverbindungen. 1882. Brie, Theorie
der Staatenverbindungen. 1887. Le Fur, Etat f6dsral et Confedöratiorn d’Etats.
1896 (deutsche Bearbeitung von Posener, Bundesstaat und Staatenbund in
geschichtlicher Entwicklung. 1%2). Ebers, Lehre vom Staatenbund. 1910.
Blüthgen, K.Z. 1237. de Louter I191. — Über die Union of American
Republics vgl. das Material bei Strupp II 114. Dazu Basdevant, R. G. XV 209.
v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 4