84 I. Buch. Die Rechtssubjekte des völkerrechtlichen Staatenverbanda.
Zu den Staatsschiffen gehören in erster Linie die Kriegs-
schiffe; aber auch alle andern Schiffe, die dauernd und ausschließ-
lich im Dienst des Staates oder des Staatshauptes verwendet werden
(so Zollkutter, Sanitätsschiffe usw.). Schiffe, welche Ausstellungs-
gegenstände nach und von den internationalen Ausstellungen bringen,
werden neuerdings (Vereinigte Staaten 1904) den Staatsschiffen gleich-
gestellt. Postschiffe, die im Eigentum von Privatreedereien stehen
und fast immer auch die Beförderung von Personen und Waren über-
nehmen, gehören, von besonderer Vereinbarung abgesehen, nicht hier-
her; ebensowenig Handelsschiffe, die das fremde Staatsoberhaupt oder
den Gesandten des fremden Staates an Bord haben, ohne ihnen zur
freien Verfügung gestellt zu sein.
VI. Auf die Luftschifte finden die für Seeschitfe aufgestellten Bechtsregeln
entsprechende Anwendung.
Die Ereignisse, die sich auf einem Luftschiff während seiner
Fahrt durch die freie Luft (oberhalb der offenen See) oder durch die
Luftzona eines Staates abspielen, gelten als in dem Staate einge-
treten, dem das Luftschiff angehört, während es bei Gefährdung des
Grundstaates oder seiner Angehörigen der Gerichtsbarkeit des Grund-
staates unterliegt. Verankerte private Luftschiffe stehen unter der
Gebietshoheit des Landungsstaates; staatliche Luftschiffe sind auch in
diesem Falle nur dem Staate, dem sie angehören, unterworfen.
Die Durchführung dieser Rechtsregeln setzt freilich voraus, daß
die Nationalität der Luftschiffe, ähnlich wie die der Seeschiffe, ge-
regelt und äußerlich (durch Flaggenführung) erkennbar gemacht wird
(unten $ 11 VID).
8 10. Erwerb und Verlust von Staatsgebiet.!)
I. Erwerb und Verlust von Staatsgeblet bedeutet Erwerb und Verlust der
Gebletshoheit, mithin der Staatsgewalt; also des Imperiums, nicht des Domi-
niums; der Herrschaft nicht über das Land, sondern innerhalb des Landes
über die Leute.
1. Der Erwerb wie der Verlust von Staatsgebiet kann durch natürliche
Tatsachen oder durch Bechtsgeschäfte erfolgen (unten $ 21).
17) Vgl. die Literatur in Note 7.
1) Heimburger, Der Erwerb der Gebietshoheit. 1888. v. Holtzendorff
Eroberungen und Eroberungsrecht. 1872. Salomon, L’occupation des terri-
toires sans maitre. 1889. Adam, L. A. VI193. Jeze, Etude thöorique et poli-
tique sur l’ocoupation etc. 1896. Randolph, The law and policy of annexation.
1901. Jerusalem, Über völkerrechtliche Erwerbsgründe (Festgabe für Thon).
1911. Nys R.J. XXXVI604, XXXVII653. de Louter 1342, M£rignhac
II410. Nys IIl. Oppenheim I28l. Ullmann 306.