Dogmatische Erörterungen. 199
Sachsen, dessen Vermittlung angerufen wurde, sprach sich für die An—
wendbarkeit der Erbverbrüderung aus und in dem Vergleich, der den
26. Juli 1672 zu Stande kam, wird die Erbverbrüderung bestätigt
und bestimmt, daß es „zuvorderst nach Anleitung der Erbverbrüderung
zwischen den Häusern Sachsen und Hessen — sein gänzliches Bewer-
den haben solle.“222)
Als im Jahre 16418 nach dem Tode des. Herzogs Moritz von
Sachsen-Weida der Sohn seiner Tochter, die mit dem Landgrafen von
Hessen vermählt war, an die Verlassenschaft seines Großvaters An-
sprüche erhob, wurde ihm die Erbverbrüderung entgegengehalten. Ob-
wohl er die Anwendung derselben zuerst mit den besten Rechtsgründen
bestritt, so mußte er doch in einem später zu Stande gekommnen Ver-
gleich anerkennen; „daß das allegirte beständige Herkommen des hohen
chur= und fürstlichen Hauses zu Sachsen allerdings begründet und
richtig war und wolle sich demnach zu Folge der Erbverbrüderung und
anderer pactorum aller an gedachten Herzogs zu Sachsen-Weida Here-
dität gemachten praetensiones hiermit begeben.“ 248)
Aber, wie gesagt, alle diese Fälle beruhen auf einer falschen Aus-
legung und neues Recht kann durch sie unmöglich geschaffen werden.
Eine Berufung auf die Erbverbrüderung, wodurch den Cognaten ihre
Erbansprüche entzogen werden sollen, ist ebenso unbegründet, wie es
unbegründet war, als sich im Jahre 1744 Landgraf Ludwig von Hessen-
242) Moser Staatsrecht Bd. XXVI. S. 68. Der Kurfürst Johann Georg sagt
in einem Schreiben vom 22. Juni 1672: „Also weil uns als capiti familige nicht
wenig obliegen die fundamentale Verfassung unsers gesammten Hauses und darunter
absonderlich die Erbverbrüderung zu beobachten und dieselbe in keinem Zweifel und
widrigen Verstand ziehen zu lassen.“ (Altenburg. Vormundschaftsakta 1672 Fol. 146
Dresd. St.-Arch.). Vgl. auch Posse Ueber die Sonderung reichständischer Staats-
und Privatverlassenschaft. S. 71.
243) Akta den zwischen J. Königl. Majestät in Pohlen und des Herrn Land-
grafen zu Hessen Fürstl. Durchlaucht errichteten Receß wegen der gemachten Ansprü-
chen an Herzog Moritz Wilhelms Verlassenschaft betreff. 1718. Fol. 2 (Dresd. St.-Arch.).
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