hessischen Erbverbrüderung. 15
schaft oder alles das das zu vnnserm Fürstenthumb zu Hessen gehöret,
nicht kommen solle an Herzog Otten von Braunschweig noch an seine
Erben.“ 21) —
Die Erbverbrüderungsurkunde nimmt ihrem Wortlaute nach keine
Rücksicht darauf, daß die Thüringisch-Meißnischen Lande und ein
Theil der hessischen Besitzungen Reichslehen waren. Ohne nur des
Kaisers und Reichs Erwähnung zu thun, schließen beide Häuser einen
Erbvertrag, als handele es sich hier nur um Allodialgut. Daß zur
Giltigkeit einer Erbverbrüderung über Reichslehen eine Gesammtbelehn-
ung durch den Kaiser nothwendig sei, wird ganz außer Acht gelassen.
Der Vertrag ist in seinem Hauptpunkte darauf gerichtet, daß, im Falle
ein Haus in dem Mannsstamm aussterben solle, das andere Haus alle
Fürstenthümer, Herrschaften mit Land und Leuten „die Wir izund
bereit haben oder noch gewynnen oder erkriegen mögen, in aller der
Maß als vorgeschriben stet,“ erben solle. Beide Partheien versprechen
für den Fall der Erbfolge die Rechte und Gewohnheiten der Unter-
thanen unangetastet zu lassen, sowie die Verpfändungen, welche vor-
genommen worden, unverrückt und gänzlich zu halten. Die „Herr-
schaften und Mannschaften, es sein Graven, Hern, Freien, Dienstmanne,
Ritter, Knecht, Burgmanne, Bürgern und gemeinliche Burge, Stedte,
Lannde und Leuthe“ sowie alle Amtleute sollen der andern Parthei
eine rechte Erbhuldigung thun und über diese Erbhuldigung sollen von
beiden Seiten Briefe zur Kundschaft und Sicherheit gegeben werden.
Das lockere Band, durch welches die Lehnsverfassung die einzelnen
Fürsten noch mit Kaiser und Reich verknüpfte, wird also völlig igno-
rirt und wohl ist diese Erbverbrüderung die älteste, in der so völlig
jede Rücksicht auf das Lehnrecht und den gemeinsamen Besitz der bei-
derseitigen Lehen, durch den nach der Strenge des alten Rechts die
Wirksamkeit der Erbverbrüderung allein möglich gewesen wäre, bei
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21) Die Urkunde der Erbverbrüderung ist häufig gedruckt, z. B. in Müllers
Reichstagstheatrum Maximiliani I. Bd. I. p. 566.