Kaiserlichen Bestätigung. 65
Unwahre dieser Beweisführung lag so sehr auf der Hand, daß ihr, so
weit wir sehen, Niemand zu folgen wagte. Nach der Meinung anderer
sollten die deutschen Reichslehen nicht mehr als Lehen betrachtet werden
können, sondern die Umwandlung derfelben in Allodien sollte sich bis
zu dem Grade vollzogen haben, daß von einer Anwendung lehnsrecht-
licher Bestimmungen nicht mehr die Rede sein könne. 178) Allerdings
ist es wahr, locker war das Band geworden, durch welches die Lehns-
verfassung des deutschen Reichs die großen Reichsfürsten mit Kaiser
und Reich verknüpfte, aber gelöst war es nicht. Wie selbstständig auch
die großen Reichsfürsten geworden waren, sie waren immer noch Vasallen
des Kaisers geblieben. In den wichtigsten Fällen stand nach un-
zweifelhaftem Rechte dem Kaiser die bedeutendste Einwirkung auf die
Reichslande zu und wenn diese Einwirkung in solchen Fällen nicht
ausgeübt wurde, so lag es nicht an dem mangelenden Rechte, sondern
an der mangelenden Kraft. Das ist unbestreitbar, daß, solange die
Reichsverfassung noch bestand, die Verfügung über heimgefallene Lehen
(und im Grunde ist dies ja der Kern der Erbverbrüderungen) dem
Kaiser und Reich zustand. 1799) Mit Aufgabe dieses Rechtes wäre in
178) Horn in Schmincke Monumenta Hass. Bd. III. S. 83 u. ff. Bodi-
nus (De Pacto Confrat. Saxo Brandenb. Hass. § 44), auf den er sich beruft,
theilt seine Ansicht keineswegs, sondern verlangt ausdrücklich kaiserliche Bestätigung.
Auch der in der Ausdehnung der landesherrlichen Machtvollkommenheit meist sehr
weit gehende Textor (De rat. Stat. Germ. c. VII. p. 155,) läugnet die Nothwen-
digkeit der kaiserlichen Bestätigung nicht. — .
179) Ueber die unbedingte Nothwendigkeit der kaiserlichen Bestätigung zur Gil-
tigkeit der Erbverbrüderungen sprechen sich Sachsen und Hessen in einem die sächsisch-
hennebergische Erbverbrüderung betreffenden Vertrag von 1554 folgender Maßen aus:
Würde aber an solcher Kayserlicher oder Kuniglicher Majestät Confirmation — Man-
gel fürfallen ond pvber angewandten Vleiß nicht erhalten werden können, als dann
ond auff solchen Fall solcher Vertragk, Abrede, Veraynigung gentzlich tod, ab, nich-
tigk, ond erloschen sein ond solchs vund nach volgender, hochbewegender Vrsachen
willen, damit es nicht angesehen werden muge, als hetten Wir als des Heiligen Nö-
mischen Reichs Vasalli, Lehnsfürsten uond Mitglieder onsere von dem heiligen Reich
zu Lehen tragende Regalien, Herschafften ond Lehenschafften der Römischen Kayser-
lichen und Kuniglichen Majestät, auch des heiligen Reichs Hoheit ond Ober Lehnsge-
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