Im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts hatte das deutsche Für—
stenthum fast gänzlich seinen ursprünglichen Charakter eines Amtes
verloren. Mehr und mehr hatte sich die Amtsgewalt in Landeshoheit
umgewandelt, die Fürsten hatten aufgehört, kaiserliche Beamte zu sein,
und wesentlich war es nur der Lehensverband, der sie mit Kaiser und
Reich verknuͤpfte. Aber noch war das Ziel, nach dem sie strebten, nicht
erreicht. Das deutsche Lehnrecht legte ihrem Trachten nach Unabhängig—
keit und Selbstständigkeit noch zu starke Fesseln an und machte ihre
Abhängigkeit von dem Kaiser noch zu fühlbar. Ihre nächste Aufgabe
mußten sie darin sehen, den Lehnsverband zu lockern und ihm die Ge—
stalt zu geben, in der er die Entwicklung ihrer Selbstständigkeit am
wenigsten aufzuhalten vermochte. Vor allem mußte ihnen die Umände—
rung der Bestimmungen des deutschen Lehnrechts über die Vererbung
der Lehen nothwendig erscheinen. — Wenn das altdeutsche Lehnfolge—
recht vorschrieb, daß der Besitzer des Lehens dasselbe nur auf seine
Descendenten, nicht auf Ascendenten und Seitenverwandte vererben kann,
so war dies eine Bestimmung, welche den Fürsten mit der Stellung,
die sie schon am Anfang des 14. Jahrh. dem Kaiser und ihren Unter—
thanen gegenüber errungen hatten, nicht mehr verträglich erschien. Die
Ausbildung der Landeshoheit erschien im höchsten Grad gefährdet, wenn
diese beschränkte Erbfolge, welche den Heimfall der Reichslehen an den
Kaiser so sehr erleichterte, in Geltung bliebe. Viel zu häufig hätte
die kaiserliche Gewalt Gelegenheit gefunden, in die Geschicke der ein—
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