Full text: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen.

Einleitung. 5 
zu entgehen, konnten die Abgetheilten zwar gegenseitig eine Anwart- 
schaft erlangen, jedoch genügte auch eine solche keineswegs, da nach 
deutschem Rechte weder bei dem Gedinge noch bei der Anwardung die 
Rechte auf die Erben des Beliehnen übergingen, noch dieser selbst gegen 
die Erben des Lehnsherrn ein Recht besaß. Um diesen Nachtheilen zu 
entgehen, blieben die mehrern Mitbelehnten in der Regel in dem ge- 
meinschaftlichen Besitze des Lehens und nahmen nur eine Theilung der 
Nutzungen (Mutschirung) oder eine widerrufliche Theilung auf be- 
stimmte Zeit (Oerterung) vor. Bald jedoch wurden auch diese Schwie- 
rigkeiten beseitigt, indem einer Seits das Langobardische Lehnrecht, 
welches die Folge aller Nachkommen des ersten Erwerbers des Lehens 
zuließ, in dem größten Theile von Deutschland die Herrschaft gewann, 
und indem anderer Seits das Institut der gesammten Hand eine Um- 
wandlung erfuhr, wodurch der Rückfall des Lehns an den Herrn immer 
weiter hinausgeschoben werden konnte. Seit dem Anfang des 14. Jahr- 
hunderts entwickelte sich die Belehnung zur gesammten Hand in der 
Weise, daß auch wirkliche reelle Theilung vorgenommen werden konnte, 
ohne daß hierdurch das gegenseitige Successionsrecht verloren gegangen 
wäre. Hierdurch war das Institut fast gänzlich in ein eventuelles 
Successionsrecht umgewandelt, wenn es sich auch von den verschiedenen 
Formen der Eventualbelehnung noch mannigfach unterschied. 1) Ur- 
sprünglich war sicherlich die Belehnung zur gesammten Hand nur unter 
Mitgliedern desselben Hauses, die nur auf diese Weise ein Erbfolger- 
recht an den Lehen erhalten konnten, zur Anwendung gekommen, aber 
es lag kein Grund vor, daß nicht auch andere Häuser, die nicht von 
dem ersten Erwerber des Lehens abstammten, in dieser Weise die Be- 
lehnung auf den Aperturfall erhielten. Der Belehnte wurde den Wor- 
ten nach in die Gemeinschaft des Lehens aufgenommen, ohne jedoch 
irgend welchen gegenwärtigen Besitz an den Lehen zu erhalten. Natür- 
lich konnte diese Entwicklung sich nur allmählich vollziehen, und noch 
  
1) Vgl. Homeyer Sachsenspiegel Theil II. Bd. II. & 45 p. 467.
	        
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