Dogmatische Erörterungen. 87
Vermögen anfallen solle. 217) In analoger Weise wie der Lehnsherr
die Erbfolge in das Lehnsgut für den Fall des Erlöschens der Familie
des Vasallen festsetzen kann, kann auch der Stifter das Schicksal des
Fideicommißgutes über die Dauer der Familie hinaus regeln. Da sich
in der Erbverbrüderung keine Bestimmungen finden für die Erbfolge
in dieses Familienfideicommißgut, sich die Erbverbrüderung aber im
ganzen an die Grundsätze der Belehnung zur gesammten Hand anlehnt,
so muß für diese Erbfolge eine Theilung zu gleichen Theilen unter die
Mitglieder des erbverbrüderten Hauses angenommen werden, sofern die
Staatsverfassung nicht Bestimmungen enthält, denen zu Folge das Haus-
fideicommiß auf den jedesmaligen rechtmäßigen Regenten übergehen
soll. 318) —
Ganz singulär ist dagegen die Festsetzung der Erbfolge in das
freie, selbsterworbne Privateigenthum des letzten Fürsten. Sie kann
nur angesehen werden als ein Erbeinsetzungsvertrag, dem zu Folge ein
noch Ungeborner in die freie Privathinterlassenschaft eines noch Unge-
bornen in dem kommenden Falle succediren soll, und zwar in der
Weise, daß dem zu Beerbenden zu freier testamentarischer Verfügung
eine verhältnißmäßig nur geringe Summe gelassen wird und daß alle
nach gemeinen Rechten zur Erbschaft Berechtigten ausgeschlossen wer-
den. Die Schicksale eines freien Vermögens werden bestimmt von sol-
chen, die zu diesem Vermögen in gar keiner Beziehung stehen, Privat-
rechte von Personen werden beschränkt oder gänzlich aufgehoben, die
erst nach mehrern Jahrhunderten zur Erxistenz kommen. Fassen wir
die Einheit des fürstlichen Hauses noch so streng, dehnen wir die Au-
tonomie des fürstlichen Hauses zur Erlassung von Hausgesetzen noch
so weit aus, so ist es doch unmöglich, daß hierdurch die Rechte der
Einzelindividuen auf ihr freies, selbsterworbnes Vermögen gänzlich
217) Vgl. Gerber deutsches Privatrecht (8. Aufl.) S. 690 u. ff.
218) Siehe z. B. Verfassung des Königreichs Sachsen § 20 Absatz 3.