Full text: Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reiches.

60 III. Der Kaiser und der Bundesrat. 
Demnach führt Preußen im Bundesrate 17, Bayern 6, Sachsen 
und Württemberg je 4, Baden und Hessen je 3, Mecklenburg- 
Schwerin und Braunschweig je 2 Stimmen, die übrigen Staaten 
je eine Stimme. Die 25 Bundesstaaten führen demnach im Bundes- 
rat 58 Stimmen, die absolute Mehrheit beträgt 30 Stimmen (Art. 6). 
Der Bundesrat ist, wie es seit der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhunderts der Reichstag zu Regensburg war, wie es 
der Bundestag zu Frankfurt a. M. war, ein Kongreß der Ge- 
sandten der deutschen Staatsregierungen. Er besteht aus Bevoll- 
mächtigten der Inhaber der Landesgewalten. Nur die Aufträge, 
die den Bevollmächtigten von ihren Vollmachtgebern erteilt 
werden, haben sie auszuführen, sie haben nicht nach eigener 
Ansicht und eigener Uberzeugung sich zu äußern und abzustimmen. 
Die Aufträge werden erteilt von den Inhabern der Landes- 
staatsgewalten, den Landesherren und den Senaten der Hanse- 
städte. Dem Landtage oder der Bürgerschaft in den Hanse- 
städten steht ein verfassungsmäßiges Recht der Mitwirkung hier- 
bei nicht zu. Auch kann, wie ich schon ausgeführt habe, der 
Landesherr sich nicht selbst rechtlich beschränken, indem er durch 
ein Landesgesetz dem Landtage eine solche Mitwirkung einräumte. 
Die Erteilung des Auftrages an den Bevollmächtigten ist 
aber ein Regierungsakt des Landesherrn. Nach der Verfassung 
der meisten Staaten erhält ein landesherrlicher Regierungsakt 
erst durch Gegenzeichnung eines Ministers seine Gültigkeit, der 
dadurch rechtlich und politisch die Verantwortlichkeit übernimmt. 
Demgemäß ist auch der Minister dem Landtage für die In- 
struktionen, die dem Bevollmächtigten zum Bundesrate erteilt 
werden, verantwortlich. Auch steht es durchaus nicht im Wider- 
spruch mit der Reichsverfassung, wenn ein Landtag das Ver- 
halten der Staatsregierung in dem Bundesrate in Vergangenheit 
oder Zukunft zum Gegenstand seiner Beratungen macht und in 
Resolutionen oder Adressen seiner Ansicht hierüber Ausdruck 
gibt. „Die Landtage sind“, wie Fürst Bismarck erklärte, „immer 
befugt, das Auftreten ihrer Minister in bezug auf die Reichs- 
politik vor ihr Forum zu ziehen und ihre Wünsche den Ministern 
kundzutun." 
Der Bevollmächtigte ist seinem Auftraggeber, dem Landes- 
herrn oder dem Senate, dafür verantwortlich, daß er nur 
seinen Instruktionen gemäß handelt und abstimmt. Aber der 
Bundesrat hat nur die Vollmachtsurkunde, die dem Bevoll-
	        
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