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rarischen Handschuh hinzuwerfen. Wie Münzer „wider das geistlose
sanftlebende Fleisch zu Wittenberg“ geschrieben und getobt hatte, so
haben auch die Prediger der Bauern nach Straßburg geschrieben,
daß sie bereit seien, das wahre Wort Gottes zu verfechten, daß ihre
Schaaren den christlichen Frieden und das Reich Gottes bringen
wollen und werden. Da entschleß sich Butzer mit Erlaulniß des
Raths in der That hinaus zu gehen zu den Bauern, um mit ihnen
zu reden und sie zu belehren, aber sein evangelisches Wort von dem
Gehorsam gegen die Obrigkeit ging spurlos an tauben Ohren vore
über. Schon war der Hochmuth der Bauern von ihren Führern
aufs äußerste gestachelt. Ließen sich doch die Weiber beim Markt-
verkauf in Straßburg vernehmen: „Nun werden wir bald selbst auf
vornehmen Pantoffeln einhergehn.“ Und nicht ohne Grund schienen
die Klagen der Meistersänger zu sein:
„Wo ich jetzt in der. Welt umfahr,
So nimm ich allermeiste wahr
Der Hoffahrt von den Bauern.“
Als Erasmus Gerber mit seinem Haufen vor Mutig lag, er-
ließ er im Tone kaiserlicher Proclamatienen die Aufferderung, daß
die Bürger zu den Bauern schwören sollten; als der Landvogt Frei-
herr von Mörsberg mit Friedensanerbictungen kam, ließ ihn Gerber
nicht einmal vor, und in noch schnöderer Weise wurde die Gesankt-
schaft abgefertigt, welche mit dem Ammeister Martin Herlin und
den Räthen des Landgrafen aus Straßburg zu ihnen kam. Die
Bauernhäupter, so ließ man sagen, säßen jetzt zu Tische, die Ge-
fandtschaft möge nur auf den in der Nähe liegenden Holzblöcken
warten. Dann endlich vorgelassen, erhielt sie schließlich den Be-
scheid: „Die Bauern hätten nun lange genug in Unterdrückung
geschmachtet und wollten ihre Frehne, Zinse und Gülten los sein.
Auch wüßten sie besser, was ihnen nützlich wäre, als die von Straß-
kurg, die sich nur wieder nach Haus begeben könnten.“
Der velle Höbestand des revolutienären Wahnsinns war erreicht.
Höher und böher stieg bei den Führern die Verblendung, recht un-
mittelbar vor dem gähnenden Abgrund, und immer wüster und