Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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und andere Juden bereit hielt. Wo er einmal sich aus wirkliche 
Leben wagt und Genrebilder versucht, liefert er als echter Idealist 
unwillkürlich Carricaturen. Und wo er ganz phantastische Regionen 
betritt, verliert er sich ins Maßlose und zeichnet Teufelsfratzen wie 
Höllenarabceken hin. 
Schongauer, in Italien als Bel Martino berühmt, war allent- 
halben hochgeschätzt. Seine Gemälde sollen weitherum ins Ausland 
gegangen sein. Und noch bedeutender war er im Kupferstich, dem 
er zuerst eine große künstlerische Wirkung abgewann. Der junge 
Michelangelo hat es nicht verschmäht, seine Versuchung des Antonius 
mit der Feder zu copiren. Auch sonst arbeitete man viel in seiner 
Art; mehrfach, besonders in Colmar, wurde nach seinen Stichen 
gemalt. Daneben bemerkt man gerade wie in Köln, daß die nieder- 
ländische Manier immer mehr um sich greift. So wird es auch in 
Straßburg gewesen sein, wo der Maler Johann Hirtz berühmt war, 
der bereits die Landschaft ausgebildet haben soll. 
Wie anders aber erscheint uns die Kunst, wenn wir ein paar 
Jahrzehnde weiter gehen. Wenn wir z. B. die helldunklen Holz- 
schnitte des Hans Wächtlin betrachten (der 1514 zu Straßburg 
das Bürgerrecht erhielt), seine nackten, kräftigen Gestalten, seine 
üppige mannigfaltige Vegctation, seine reiche, belebte Landschaft, 
seinen oft überladenen Renaissance- Schmuck, seine antiken Steffe, 
wie Orpheus, Pyramus und Thiabe und ähnliche. Oder vollends 
wenn wir die üppigen breiten Figuren des Hans Baldung Grien 
neben die mageren ascetischen Körperformen Martin Schöns halten. 
Dieser geniale Künstler war ein Schwabe, arbeitete lange in 
Freiburg und wurde 1533 bischöflicher Hofmaler in Straßlurg, wo 
er 1545 starb. Man hält ihn für einen Schüler Dürers, dessen 
Art er an den Oberrhein verpflanzt habe. Und ohne Zweifel hat 
er (gerade wie Hans Wächtlin auch) von Dürer viel gelernt, aber 
er ist ein Individuum für sich, das in der Großartigkeit des Stols, 
in der Breite der Formgebung, in der Liebe zum leidenschaftlich 
Bewegten an Michelangelo erinnert. Ungemeine Sicherheit der
	        
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