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gewählte, ästhetischen Interessen zugängliche Gesellschaft mehr. Die-
jenigen die sich anschickten es zu werden, die classisch gebildeten Ge-
lehrten, gehen bald im Dienste der praktischen Zwecke auf.
Wir befinden uns in der Epeche, in der die deutsche Natur-
wissenschaft allen anderen voran ist, in der Epoche von Peuerbach
bis Kepler. Und wie sonst mit den Naturwissenschaften der Auf-
schwung der Industrie Hand in Hand geht, so war es auch hier.
Diesem Aufschwung ist es zuzuschreiben, daß Kupferstich, Holzschnitt
und Bücherdruck in Deutschland erfunden wurden. Jene Künste der
Verwielfältigung verdanken den Fortschritten des damaligen Natur-
wissens ebenso ihre Entstehung, wie in unserer Zeit die Photographie
und Telegraphie. Nur muß man die Männer der Forschung, welche
die Kenntnisse vertieften, weniger in den Hörsälen der Universitäten,
als in den Werkstätten der Handwerker im unmittelbaren Verkehre
mit den Rohstoffen suchen. Ein Kupferstecher wie Martin Schon-
gauer hängt mit dem Goldschmiedehandwerk auf das Innigste zu-
sammen.
Ihren Ausgang scheinen die genannten Erfindungen alle vom
Rhein zu nehmen, der Kupferstich insbesondere vom Oberrhein, die
Buchdruckerkunst speziell von Straßburg.
In der Nähe des Klosters St. Arbogast, das südwestlich von
der Stadt an der Ill gelegen war, hauste seit etwa 1420 ein main-
zischer Patricier, Johann Gensfleisch von Gutenberg, der
in Folge städtischer Fehden seine Heimath hatte verlassen müssen.
Er war ein unruhiger Geist. Er war wie ein Schatzgräber, der sich
in leidenschaftlicher Begier durchtastet durch dunkle Gänge und feuchtes
Gemäuer, einem ungewissen, flackernden Lichte nach, das ihm aus
der Ferne zu winken scheint. Der gewaltthätige Junker wurde im
Exil zum Industriellen. Er schliff Steine, polirte Spiegel, afsociürte
sich mit Straßburger Bürgern, um ihr Kapital für seine Unter-
nehmungen flüssig zu machen, wogegen er ihnen Einblick versprach
in alle seine verborgenen Künste.
Darunter befand sich auch die Erfindung, die seinen Namen