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Bau. „Bin ich ein Ketzer, so habt Ihr mich dazu gemacht“, sagte
der Straßburgische Reformationsheld Jacob Sturm zu seinem alten
Lehrer Wimpheling, der ihn klagend an die Ermahnungen erinnerte,
die er in seiner ersten Jugend von ihm erhalten habe.
Es wohnt in dem älteren elsässischen Gelehrtenkreise jene Un-
klarheit des Denkens, jene Halbheit des Handelns, jene dilettantische
Furcht, die Axt an die Wurzel zu legen, jene unpraktische Schen,
wo man den Zweck will, auch die Mittel zu wollen, — wie sie in
Zeiten, die greßen Umwälzungen vorausgehn, äfters gefunden wied.
Kaisersberg, Brant, Wimpheling wollten die Kirche durch moralische
Eroberungen reformiren. Unterdessen wuchs in Sachsen der Mann
der entschiedenen That heran, der seine Kriegsdepeschen in Gestalt
von 95 Thefes an die Schloßkirche zu Wittenberg schlug.
Aber niemals darf vor dem Urtheile der Geschichte das vollendete
Werk die grundlegenden Vorarbeiten in Schatten stellen. Das thätige
Leben jener Gelehrten, der redliche Eifer, der sie beseelte, die reiche
Zahl ausgezeichneter Kräfte, die sich um sie ansammelten, waren für
das Elsaß, waren für ganz Deutschland keineswegs verloren. Ihr
Verdienst zum großen Theil war der rasche Eingang, den die Refor-
mation im Elfaß fand. Ihrer mächtigen Anregung ist es zuzu-
schreiben, wenn wir im sechszehnten Jahrhundert das Elsaß allen
anderen deutschen Gegenden au geistiger Productivität überlegen
finden. Ihnen zunächst sind wir daher eingehende Betrachtung
schuldig. ,