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geschlagen hatte, fühlte sich die ganze benachbarte Landschaft, das
Elsaß voran, gleichsam als die Hauptprovinz des humanistischen
Ordens, welche der Großmeister selbst durch seine Gegenwart aus-
zeichnete. „Apollo mit den neun Musen ist nach Basel ausgewandert“,
schrieb damals ein Elsässer aus der Ferne.
Um Erasmus sammelten sich alle Elemente der zahmen kirch-
lichen Opposition, alle die Ritter von der blauen Farbe, die nur
redeten, aber nicht handelten; die nur kritisirten, aber nicht rebellirten
denen Luther als das rothe Gespenst erschien, das sich dem Auf-
schwung der edlen Wissenschaft entgegenstellte. Ging es nach Erasmus,
so blieb der alte Zustand unerschüttert. Aber dieser ebenso geistreiche
wie charakterlose Mann behielt das Heft nicht in den Händen. Mehr
als einer seiner Getreuen hat sich, wie Ulrich von Hutten, von
seinem Einflusse losgemacht und der Bewegungspartei in die Arme
geworfen.
Natürlich Wimpheling blieb fest, auch der als lateinischer Dichter
angesehene Hieronymus Gebwiler sowie der Hellenist und Musik-
schriftsteller Otmar Nachtigall (Luscinius) blieben eifrige Katholiken:
aber unter den Jüngeren ist mancher abgefallen, wie Capito (geb. 1478),
Jacob Sturm (geb. 1489) und Butzer (geb. 1491), die wir als Leiter
der Reformation in Straßburg alsbald näher kennen lernen werden.
Auch Konrad Pellicanus aus Ruffach (geb. 1478, gest. 1556),
der erste Deutsche der Zeit nach, der sich ernstlich mit dem Hebräi-
schen beschäftigte, war ein eifriger Anhänger der Kirchenverbesserung.
Selbst Beatus Rhenanus aus Schlettstadt (geb. 1485, gest.
1547), ein besonderer Freund Wimphelings und Erasmus, verhielt
sich der Reformation gegenüber nicht ablehnend. Nur hat er sich
allerdings nicht thätig betheiligt. Er war ein beschaulicher Gelehrter,
der die großen Welthändel lieber aus der neutralen historischen
Ferne betrachtete, als daß er persönlich eingegriffen hätte. Ein gründ-
licher Philolog, hat er in den Klosterbibliotheken manchen werth-
vollen Fund gemacht und schärfere Kritik nebst umsichtigerer Quellen.
benutzung in die historische Forschung hineingetragen. In seinen