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aus dem Volke — wenn der Papst einen Gauch von Rom schickt
mit der Vollmacht: fang mir den, verbrenn mir diesen, so fängt
mein Dreschflegel an sich zu regen.“ Je kühner sein Muth, je
drohender die Gefahr in die er sich begab, desto mehr fühlte sich
das deutsche Volk geschart um Luther. „Laßt uns nur sorgen —
spricht jener Mann aus dem Volke zu Dr. Martinus — wir wollen
euch erretten von der Gewalt des Papstes und der Breitenhütenträger,
es sei denn, daß uns gut Fäust, Schwert, Harnisch und Hellebarden
sammt gutem Geschütz nicht helfen mag.“
Das Jahr 1517 war ein Hungerjahr, die geistlichen Stifter in
Straßburg wollten kein Getreide verkaufen, wenn es die Bürger
nicht um zwei Schillinge theurer bezahlten, als die Fremden. Der
Unwille stieg auf das höchste. Man schlug dem Clerus die Witten-
berger Thesen an die Thüre seiner Wohnungen. Soagar zurück-
haltendere Naturen fingen Feuer, und als im Februar 1518 ein
neuer Ablaßhandel mit vielem Pomp eröffnet wurde, sagte man,
das Ding sei mehr erfunden um dem Yapst den Seckel, als um
den Himmel zu füllen; und ein Bürger erklärte, es sei nichts mit
dem Ablaß, und wenn er so viel Geld hätte, so weit von Straß-
burg bis Colmar ist, so wollte er nichts dafür geben. Die Mis-
stimmung wurde so ernst, daß der Stadtrath, der streng auf Ord-
nung hielt, energischer einschreiten und einen oder den andern Wort-
führer verhaften lassen mußte.
Bald fand sich auch ein Prediger, der Luthers Schriften studirt
hatte und der Volksstimmung entgegen kam, indem er in Luthers
Sinne das Wort Gottes verkündigte: Matthias Zell aus Kaisers-
berg (geb. 1477), von den Bürgern nur der Meister Mathis genannt.
Er wax ein anspruchsloser, populärer Mann; keine Spur von Ehr-
geiz in ihm; aller dogmatischen Grübelei fremd, hielt er sich schlicht
an die Bibel und vertrat mit männlichem Freimuth die gute Sache.
Aus Straßburg und der umgebenden Landschaft strömte Alles
herbei, um ihn „lutherisch“ predigen zu hören. Der Zulauf war so
groß, daß er die Kanzel in Anspruch nahm, um die einst Dr. Geiler