Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

174 
sein Publicum versammelt hatte. Und als das verweigert wurde, ver- 
fertigten die Schreiner in der nahen Kurbengasse schnell eine tragbare 
Kanzel von Holz, welche-sie jedesmal aufschlugen, wenn Meister 
Mathis predigen sollte. 
Das im Jahre 1521 von Worms ausgegangene kaiserliche 
Verbot, lutherische Bücher zu drucken und zu verkaufen, wurde in 
Straßburg nur zögernd publicirt und bald wieder misachtet. Auf- 
geklärte und hochgestellte Geistliche, insbesondere manche Domherren, 
wirkten selbst auf den Rath im reformatorischen Sinne ein. Der 
Jurist Nicolaus Gerbel, ein Mann von gediegener classischer Bildung, 
hielt sich mit Luther, mit Hutten in ununterbrochener Correspondenz. 
Elsässische Edelleute erklärten sich in Flugschriften für die Reformation 
und beglückwünschten die Straßburger zu dem religiösen Umschwung, 
der sich dort fühlbar machte. Was half es, daß der Leibjournalist der 
päpstlichen Partei, Thomas Murner, alle Schleusen seiner Schmäh- 
kunst eröffnete: unter den etwa zwanzig Druckern, welche Straßburg 
bamals zählen mochte, ließ sich nur ein einziger noch herbei, seine und 
andere katholische Schriften zu drucken. Schon kehrte sich die städtische 
Censur gegen den bissigen Franciscaner und verurtheilte seine Bro- 
schüren zur Verbrennung; schon wurde in einer Flugschrift der Evan- 
gelischen der Satz aufgestellt, daß „aller geistliche Stand schuldig sei 
der weltlichen Obrigkeit zu gehorsamen“; schon hatte Meister Mathis 
unter den anderen Priestern Nachfolge gefunden; und als der Bischef 
ihn zur Strafe ziehen wollte, da gab es der Rath nicht zu und 
ermahnte ihn, das Wort Gottes und die heilige Schrift wie bisher 
tapfer und ohne Furcht zu predigen, dabei man ihn schützen und 
schirmen wolle. Auch die Reclamationen des päpstlichen Legaten 
wurden zurückgewiesen, ohne Ostentation, ohne ausdrückliche Partei- 
nahme, aber mit Kraft und Würde, unter Hinweis auf die Nothwendig- 
keit einer Reform, die schon Dr. Geiler so lange erfolglos begehrt habe. 
Meister Mathis aber vertheidigte sich gegen die Anklagen des 
Bischofs in einer Schrift, welche als das eigentliche Manifest der 
Reformation in Straßburg zu betrachten ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.