Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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beim feierlichen Mal, das dem Einzug folgte, nur in einem Neben- 
gemach untergebracht wurden und nicht im großen Saal beim Bischof 
essen durften, wie es doch sonst immer gewesen war. Wollte er 
ihnen die Ehre nicht gönnen? Wollte er sie nicht vor sich sehen? 
War für seine Tafel besfser gesorgt, als für die ihrige, und sollten 
sie das nicht wissen! O, ohne Zweifel das letztere, denn wie lange 
mußten sie sitzen und warten, bis aufgetragen wurde. Und als die 
ersehnten Schüsseln endlich kamen, waren sie kalt, sahen nicht gut 
aus und schmeckten schlecht. Ja, als man im besten Essen und das 
Menu noch lange nicht erschöpft war, ereignete sich das Tragische, 
daß um zwei Uhr der bischöfliche Tafelmeister Hans Nagel erschien 
und erklärte: „Liebe Herren, es ist spät, man läutet Vesper, wir 
wollen aufhören und um fünf Uhr wieder anfangen.“ Und um 
fünf Uhr mußten sie noch länger warten und das Essen war noch 
weit schlechter und noch viel weniger reichlich vorhanden, so daß 
man hungrig und ergrimmt nach Hause ging- 
Das war freilich ein böser Anfang des neuen Regiments und 
allerlei dunkle Gerüchte kamen bald hinzu, um den üblen Eindruck 
zu verstärken. Der Bischof sollte in Konstanz über 6000 Gulden 
verspielt; er sollte ein kostbares goldenes Trinkgefäß, das zum Dom- 
schatz gehörte, verkauft haben; er sollte im Harnisch und bunten 
weltlichen Kleidern über Land geritten sein. Sehr schlimm für 
einen Bischof: aber wie sich später herausstellte, recht vortheilhaft für 
die Stadt. 
Die heiteren Scenen des Regierungsantrittes hatten eine ernste 
Kehrseite, welche ihre Wohlthätigkeit in den Stürmen der Refor- 
mation bewährte. Der neugewählte Kirchenfürst war allerdings ein 
weltlich gesinnter Herr, ein leichtlebiger sanguinischer Aristokrat, der 
wol einmal scharfe Reden führen mochte und sich in Augenblicken 
wichtiger Entscheidungen, wie die Abschaffung der Messe, zu einer 
Gewissen flackernden Energie aufraffen konnte. Aber in der Regel 
schien ihm die Zeit viel zu kostbar und das Leben viel zu werthvoll, 
um es an Amtspflichten, Staatsgeschäfte und Bürgerhändel zu ver-
	        
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