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Freiheit gewahrt und Haß nie fürchtete, als ein Beschirmer des
Wahren und Rechten.“ Ein neuerer Schriftsteller aber bezeichnet
ihn geradezu als den größten Mann ohne Zweifel, den Straßburg
überhaupt gehabt habe. Dieser Mann war Jacob Sturm.
Jacob Sturm von Sturmeck (geb. 1489) stammte aus
einem Geschlechte, das seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts
dem Straßburger Magistrat eine Reihe der tüchtigsten Mitglieder ge-
liefert hatte. Sein Vater war ein Freund Kaisersbergs und Wim-
phelings. Und der letztere trat dem Sohne ganz besonders nahe.
Er hat ihm schon in sehr jungen Jahren Bächer gewidmet, ihn
auf die Universität begleitet und im vertrautesten Verkehr mit ihm
gelebt. Reizend ist wie dem fünfundfünfzigjährigen Mentor, der
sich allenthalben in schiefe Situationen brachte, der Tact und die
Welterfahrung des fünfzehnjährigen talentvollen, aber wie es scheint
etwas vorlauten Zöglings imponirte. Diesem halben Kinde schreibt
der enthusiastische Wimpheling in einer gedruckten Widmung: „Ich
erinnere mich stets der angenehmen Unterredungen mit Dir, worin
Du mir vorstelltest, ich sollte nicht stolz werden über meine litterarische
Fruchtbarkeit, und worin Du bemerktest, daß viele glauben könnten,
ich schriebe gegen die habsüchtigen Priester nur aus Eifersucht, weil
ich selbst keine Pfründen besäße. Hierin hast Du mich, wie ein
wahrer Freund, der nicht schmeichelt, treu und wiederholt gewarnt.“
Jacob Sturm hat sich seine Bildung ernstlich angelegen sein
lassen, er studirte Theologie und Jurisprudenz, ohne indessen einen
akademischen Grad zu erwerben, und ging dann auf Reisen, von
denen er Besseres zurückbrachte, als einen Doctortitel. Erasmus,
der ihn bald darnach kennen lernte, nennt ihn einen unvergleichlichen
Jüngling, der die Bilder seiner Ahnen verherrliche durch die Rein-
heit seiner Sitten, der seine Jugend ziere durch den Ernst des
Mannes, und seine ungewöhnlichen Kenntnisse durch seltene Be-
scheidenheit wunderbar schmücke.
Sturm galt früh für eine Autorität in Schulsachen. Schon
1522 ließ ihn der Kurfürst von der Pfalz um ein Gutachten über