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die Umgestaltung der Heidelberger Universität ersuchen. In seinen
Vorschlägen erkennt man den Anhänger des Humanismus und der
Reformation: er will die Scholastik beseitigen, er wünscht das Ver-
ständnis der Alten gefördert und verlangt Erklärung der Bibel nach
den Kirchenvätern. Aber erst zwei Jahre später sprach er sich ent-
schieden für Luther auS. Und seit dieser Zeit gehörte sein Leben
ausschließlich dem Staat. Seine junge Braut war ihm gesterben,
und er hat nicht wieder freien mögen: das öffentliche Wirken mußte
ihm Haus und Familie ersetzen.
1524 wurde er zum ersten Male in den Rath gewählt, schon
1525 in die Kammer der Fünfzehner und 1526 in die der Drei-
zehner, wodurch er für immer Antheil an der Stadtregierung bekam.
Außerdem war er sein Leben hindurch dreizehnmal Stadtmeister
und einundneunzigmal Gesandter Straßburgs bei politischen und
religissen Verhandlungen. Der Bauernkrieg gab ihm zuerst Gelegen-
heit sich auszuzeichnen und sein Talent der Vermittelung zu bethätigen.
prägen, mit der Umschrift: „Geduld schlägt Glück“ (Victrix for-
tunge patientia). Als Redner zeichnete sich Sturm aus durch
sicheren, klaren, abgerundeten Vortrag, bewunderungswürdiges Ge-
dächtnis und unerschöpflichen Vorrath an historischen Belegen. Als
Staatsmann strebte er in der auswärtigen Politik, unterstützt durch
Butzer und vereint mit dem Landgrafen von Hessen, alle Bekenner
des Evangeliums unter einander zu versöhnen und zu einer com-
pacten Macht zu verbinden; in der inneren Politik gestattete er
freie Bewegung aller Richtungen, soweit damit die öffentliche
Ruhe und Ordnung vereinbar schien. Sein oberster Grundsatz war
die Gewissensfreiheit; in Sachen des Glaubens, erklärte er, könne
er weder Kaiser noch Papst als Herrn anerkennen.
Neben den confessionellen Fragen war es besonders die Schule,
welche seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Hierin zeigt er sich
als der echte Schüler Wimphelings. Nicht blos das Gymnasium
hat er zu Stande gebracht, um das sich schon Kaisersberg vergeblich
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