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Disciplinen noch andere Gelehrte herbeigezogen wurden, denen sich
öfters auswärtige, in Straßburg vorübergehend anwesende Männer
der Wissenschaft mit ihren Vorträgen anschlossen. Capito brachte
es dahin, daß schon 1525 das Thomasstift seinem alten Rufe als
das „gelehrte Kapitel“ (vergl. oben S. 160) Ehre machte und die
Besoldung der Professoren übernahm, später auch die nöthigen Hör-
säle gewährte. Es wurde so der Grund gelegt zur späteren Aka-
demie und Universität. . ·
AlleaufgeffthrtenAastaltengrisscununfteilichnichtineins
ander und bildeten kein Ganzes, der Eifer der Einzelnen erschien
nicht gehörig verwerthet durch planmäßige Organisation und geregelte
gegenseitige Ergänzung.
Eine solche systematische Organisation wurde von den Scho-
larchen erst in den dreißiger Jahren in Angriff genommen und 1536
der berühmte Pädagog Johannes Sturm (ein Namens., aber nicht
Blutsverwandter des Staatsmannes) zur Leitung berufeb: dessen
Leben und Thätigkeit und in einem felgenden Kapitel ausführlicher
beschäftigen soll. In ihm fand Jacob Sturm den geistigen Erben,
der seine Pläne im großartigsten Sinne aufnahm und ins Leben
zu führen wußte.
Herrschte auf dem Gebiete des Schulwesens das schönste Ein-
vernehmen zwischen dem Rath und den Predigern, so war cs nicht
ganz ebenso in anderen Dingen.
Die öffentliche Sittlichkeit hob sich in der Stadt. Aber Butzer,
Capito, Zell waren nicht die Menschen, um ihre Gemeinde zu be-
herrschen, wie die strenge Censorgestalt Calvins. Es fehlte ihrer
Persönlichkeit das Harte, Unerbitterliche, Rücksichtslose, Bezwingende,
Wuchtige, Einschüchternde, was allein den Massen puritanischen Geist
einblasen kann. #
Daher manche Klagen, welche namentlich Butzer ausstößt, und
ras Bestreben, die Zügel straffer anzuspannen, Einheit im Glauben
herzustellen und die Sittenzucht im Nothfall durch äußere Macht
zu erzwingen. Butzer schwebt ein einheitliches evangelisches Kirchen-
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