204
ferne stehe, als es den Anschein habe, weil doch auch Luther die ganz
rohe katholische Anschauung nicht theile.
Der Jupiter von Wittenberg aber wurde über den Vermittler
so ergrimmt, daß er die Prediger mit wilden Thieren, Vipern, Löwen,
Panthern und seinen Freund Gerbel mit Daniel in der Löwengrube
verglich.
Der Riß schien unheilbar. Vergebens waren alle Einigungs-
versuche des Landgrafen Philipp von Hessen, der hierin an Jacob
Sturm stets einen getreuen Bundesgenossen fand. Vergeblich suchten
die beiden auf dem Reichstag von Speier 1529 ein Schutzbündnis
aller evangelischen Stände vorzubereiten: auf den Zusammenkünften
zu Rothach und Schwabach beschloß man nach Luthers Wunsch sich
mit niemand zu verbünden, der über das Abendmal anders denke.
Vergeblich war das Religionsgespräch zu Marburg (October 1529),
dem von Seiten Straßburgs Jacob Sturm, Butzer und Hedio bei-
wohnten: als Butzer fragte, ob Luther sie als Brüder annehmen
wollte, oder ob er meinte, daß sie irrten, da schlug er die Antwort
rund ab und befahl sie dem Gerichte Gottes. Vergeblich traten die
Evangelischen in Schmalkalden und Nürnberg zusammen: die An-
hänger der schweizerischen Abendmalslehre wurden geradezu aus-
geschlessen.
So blieb für Straßburg nichts anderes übrig, als die Allianz
mit der evangelischen Schweiz, welche in der That am 5. Januar
1530 zu Stande kam. Weitere Vereinigungen mit Landgraf Philipp
und mit der Republik Venedig waren in Aussicht genommen.
Damals hat man den Gottesdienst in Straßburg ganz auf
schweizerischen Fuß gebracht, Heiligenaltäre, Crucifire, Statuen und
Gemälde, so viel dergleichen früher noch geblieben war, wurde jetzt
entfernt; die Wände übertüncht; die Instrumentalmusik verbannt,
die Orgel zum Schweigen verurtheilt.
Dies war Straßburgs Lage, als am 22. Januar 1530 der
Reichstag zu Augsburg eröffnet wurde. Was half es, daß
Jacob Sturm die Instruction mitnahm, vor allem die Vereinigung