Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

218 
Es war eine verworrene, für die süddeutschen Protestanten 
furchtbare Katastrophe. „Ich habe — schrieb in diesen Tagen der 
Straßburger Butzer — unsern Herrn Jacob Sturm mit vielen Thränen 
Gott bitten sehen, ihm einzugeben, was er rathen solle, damit es 
der Stadt zu Nutzen und Wolfahrt gereiche.“ In diesem verhängnis- 
vollen Augenblicke nun war es, wo der Rath von Straßburg einen 
Beschluß faßte, der ungeahnte Folgen hatte. Zum erstenmale wandte 
sich die alte deutsche Reichsstadt um Schutz gegen den Kaiser an den 
König von Frankreich. Nicht diese Stadt allein hatte ihre Zuflucht 
zu solchen Mitteln der Verzweiflung genommen. Auch in Fürsten- 
kreisen enwog man schon, ob nicht die Hilfe Frankreichs als letztes 
Mittel der Vertheidigung gegen den spanischen Kaiser zu suchen 
wäre. In Mismuth über die Heimath und vom Kaiser in die 
Reichsacht erklärt, verließ der alte Schärtlin mit seinen Söhnen das 
theuere Burtenbach, das ihm der Kaiser wegnehmen ließ, und trat 
in den Dienst des Königs Heinrich. Auch in Straßburg konnte 
man laut sagen hören, es sei besser, sich dem Könige von Frank- 
reich in die Arme zu werfen, als von dem Kaiser um das Evange- 
lium und die Freiheit des Glaubens betrogen zu werden. Zwar 
Heinrich II. war ein Franzose, und nirgende mistraute man den 
gallischen Schlichen mehr, als in den Grenzländern: aber war nicht 
Karl V. ebenfalls ein Fremder? Mußte man ihm nicht gerade so 
gut französische Briefe schreiben, wie nach Paris, wenn man wollte, 
daß er sie las; hatte er nicht eben jetzt den schrecklichen Alba, den 
leichtsinnigen Farnese, den hochkatholischen Maximilian von Büren, 
mit ihren spanischen und italienischen Soldknechten und ihren nieder- 
ländischen Reitern in das Reich herein gebracht, was durchaus gegen 
die Capitulation verstieß, die er bei seiner Wahl beschworen hatte? 
Und war es für die Ehre und Freiheit der deutschen Nation etwa 
erträglicher, die Scheiterhaufen, die man noch im obern Elsaß im 
Andenken hatte, von spanischen Beichtvätern wieder angezündet zu sehn? 
War es da nicht besser, den gallischen Hahn zu rufen, von dem man 
wenigstens voraussetzte, daß er fein und manierlich zu Werke gehen werde!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.