228.
schwankte er noch unentschieden zwischen den mit Frankreich schon
verschworenen Fürsten und der alten kaiserlichen Freundschaft. Aber
sein Abfall von des Kaisers Sache, sein rasches Handeln, sein Vor-
dringen nach Süddeutschland und nach Tirol, dies war es, was dem
Unternehmen Kraft verlieh und den flüchtenden Kaiser zur Nach-
giebigkeit verurtheilte.
Während aber der Osten Deutschlands von den kühnen Streichen
noch erdröhnte, welche Moriz wolberechnet gegen das Hauptquartier
der katholisch-kaiserlichen Sache führte, zitterte der Westen schon vor
dem gefährlichen Verbündeten, der nach den Verträgen den deutschen
Protestanten Hilfe bringen sollte, in Wahrheit aber nur ausgezogen
war, um Metz, Toul, Verdun und Straßburg dem Fran-
kenreiche zu erobern.
Man hatte auf beiden Seiten eine sehr bestimmte Vorstellung
von dem ungeheuer frevelhaften Spiele eines Bündnisses, das deutsche
Städte der Krone Frankreichs opferte; man wußte auch am Hofe
Heinrichs II. gar wol, wie sehr das deutsche Volk dem ganzen
Handel widerstrebte; der Marschall Vieilleville fand es doch nöthig,
den König gegen den Vorwurf des räuberischen Ueberfalles deutscher
Länder zu vertheidigen, indem er alle Schuld den Fürsten Deutsch-
lands beigemessen wissen wollte. Und Markgraf Albrecht von Culm-
bach andererseits fühlte das Bedürfnis, die Vorwürfe, als ob die
Verschworenen deutsches Land den Fremden auszuliefern dächten, mit
einem Anfluge von sittlicher Entrüstung zurückzuweisen. So gleiß-
nerisch aber wußte Heinrich II. seine Pläne zu verhüllen, daß er zu
sagen wagte, er wäre gekemmen aus göttlicher Eingebung die Frei-
heit der deutschen Nation zu retten und begehre keinen andern Nutzen,
als die ewige Dankbarkeit der Geretteten und die Unsterblichkeit
seines Namens.
Bei diesem Vorgehen Frankreichs sollte nun aber nicht blos
Deutschland über die wahren Zwecke der königlichen Politik getäuscht,
es sellten auch die verbündeten Pretestanten um den Preis ihres
Verraths betrogen werden. Denn Kurfürst Meriz hatte, da er dem